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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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ohne innern Schauer ertragen, wiewol er oft den
Kranken wohl that, so daß man sagte, blos durch
den scharf auf den Kranken gehefteten Blick heile
er oftmals schwere hartnäckige Uebel. Ueber sei¬
nen schwarzen Anzug warf er gewöhnlich einen
weiten rothen Mantel mit goldnen Tressen und
Troddeln, unter dessen bauschichten Falten der
lange Stoßdegen hervorragte. So lief er mit
einer Kiste seiner Arzneien, die er selbst bereitete,
durch die Straßen von Neapel zu seinen Kran¬
ken, und jeder wich ihm scheu aus. Nur in der
höchsten Noth wandte man sich an ihn, aber nie¬
mals schlug er es aus einen Kranken zu besuchen,
hatte er dabei auch nicht sonderlichen Gewinn zu
hoffen. Mehrere Weiber starben ihm schnell;
immer waren sie ausnehmend schön und insge¬
mein Landdirnen gewesen. Er sperrte sie ein und
erlaubte ihnen, nur unter Begleitung einer alten
ekelhaft häßlichen Frau die Messe zu hören.
Diese Alte war unbestechlich; jeder noch so listig
angelegte Versuch junger Lüstlinge, den schönen

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ohne innern Schauer ertragen, wiewol er oft den
Kranken wohl that, ſo daß man ſagte, blos durch
den ſcharf auf den Kranken gehefteten Blick heile
er oftmals ſchwere hartnaͤckige Uebel. Ueber ſei¬
nen ſchwarzen Anzug warf er gewoͤhnlich einen
weiten rothen Mantel mit goldnen Treſſen und
Troddeln, unter deſſen bauſchichten Falten der
lange Stoßdegen hervorragte. So lief er mit
einer Kiſte ſeiner Arzneien, die er ſelbſt bereitete,
durch die Straßen von Neapel zu ſeinen Kran¬
ken, und jeder wich ihm ſcheu aus. Nur in der
hoͤchſten Noth wandte man ſich an ihn, aber nie¬
mals ſchlug er es aus einen Kranken zu beſuchen,
hatte er dabei auch nicht ſonderlichen Gewinn zu
hoffen. Mehrere Weiber ſtarben ihm ſchnell;
immer waren ſie ausnehmend ſchoͤn und insge¬
mein Landdirnen geweſen. Er ſperrte ſie ein und
erlaubte ihnen, nur unter Begleitung einer alten
ekelhaft haͤßlichen Frau die Meſſe zu hoͤren.
Dieſe Alte war unbeſtechlich; jeder noch ſo liſtig
angelegte Verſuch junger Luͤſtlinge, den ſchoͤnen

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[177/0185] ohne innern Schauer ertragen, wiewol er oft den Kranken wohl that, ſo daß man ſagte, blos durch den ſcharf auf den Kranken gehefteten Blick heile er oftmals ſchwere hartnaͤckige Uebel. Ueber ſei¬ nen ſchwarzen Anzug warf er gewoͤhnlich einen weiten rothen Mantel mit goldnen Treſſen und Troddeln, unter deſſen bauſchichten Falten der lange Stoßdegen hervorragte. So lief er mit einer Kiſte ſeiner Arzneien, die er ſelbſt bereitete, durch die Straßen von Neapel zu ſeinen Kran¬ ken, und jeder wich ihm ſcheu aus. Nur in der hoͤchſten Noth wandte man ſich an ihn, aber nie¬ mals ſchlug er es aus einen Kranken zu beſuchen, hatte er dabei auch nicht ſonderlichen Gewinn zu hoffen. Mehrere Weiber ſtarben ihm ſchnell; immer waren ſie ausnehmend ſchoͤn und insge¬ mein Landdirnen geweſen. Er ſperrte ſie ein und erlaubte ihnen, nur unter Begleitung einer alten ekelhaft haͤßlichen Frau die Meſſe zu hoͤren. Dieſe Alte war unbeſtechlich; jeder noch ſo liſtig angelegte Verſuch junger Luͤſtlinge, den ſchoͤnen M

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/185>, abgerufen am 29.11.2024.