dern in Famagusta. Da begab es sich, daß ein sehr hübscher Offizier von den Garde-Husaren, in funkel¬ nagelneuer Uniform vorüberging und die Kleine, die er aus den Abendgesellschaften kannte, sehr freundlich grüßte. Dörtje hatte die Augen halb geschlossen und das Köpfchen abgewendet von der Straße; man hätte denken sollen, daß es ihr unmöglich seyn müßte, den Offizier zu gewahren, aber mächtig ist der Zauber einer neuen glänzenden Uniform! Die Kleine, viel¬ leicht schon erregt durch das bedeutungsvolle Klappern des Säbels auf dem Steinpflaster, öffnete die Aeuge¬ lein hell und klar, wand sich aus Georgs Arm, riß das Fenster auf, warf dem Offizier ein Kußhändchen zu, und schaute ihm nach bis er um die Ecke ver¬ schwunden.
"Gamaheh," schrie die Distel Zeherit ganz außer sich, "Gamaheh, was ist das? -- spottest du mei¬ ner? Ist das die Treue die du deiner Distel ange¬ lobt?" -- Die Kleine drehte sich auf dem Absatz herum, schlug ein helles Gelächter auf und rief: "Geht, geht, George! Bin ich die Tochter des wür¬ digen alten Königs Sekakis, seyd Ihr die Distel Ze¬ herit, so ist jener allerliebste Offizier der Genius The¬ tel der mir eigentlich viel besser gefällt, wie die traurige stachligte Distel. -- Damit sprang die Holländerin
dern in Famaguſta. Da begab es ſich, daß ein ſehr hübſcher Offizier von den Garde-Huſaren, in funkel¬ nagelneuer Uniform vorüberging und die Kleine, die er aus den Abendgeſellſchaften kannte, ſehr freundlich grüßte. Dörtje hatte die Augen halb geſchloſſen und das Köpfchen abgewendet von der Straße; man hätte denken ſollen, daß es ihr unmöglich ſeyn müßte, den Offizier zu gewahren, aber mächtig iſt der Zauber einer neuen glänzenden Uniform! Die Kleine, viel¬ leicht ſchon erregt durch das bedeutungsvolle Klappern des Säbels auf dem Steinpflaſter, öffnete die Aeuge¬ lein hell und klar, wand ſich aus Georgs Arm, riß das Fenſter auf, warf dem Offizier ein Kußhändchen zu, und ſchaute ihm nach bis er um die Ecke ver¬ ſchwunden.
»Gamaheh,» ſchrie die Diſtel Zeherit ganz außer ſich, »Gamaheh, was iſt das? — ſpotteſt du mei¬ ner? Iſt das die Treue die du deiner Diſtel ange¬ lobt?» — Die Kleine drehte ſich auf dem Abſatz herum, ſchlug ein helles Gelächter auf und rief: »Geht, geht, George! Bin ich die Tochter des wür¬ digen alten Königs Sekakis, ſeyd Ihr die Diſtel Ze¬ herit, ſo iſt jener allerliebſte Offizier der Genius The¬ tel der mir eigentlich viel beſſer gefällt, wie die traurige ſtachligte Diſtel. — Damit ſprang die Holländerin
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dern in Famaguſta. Da begab es ſich, daß ein ſehr
hübſcher Offizier von den Garde-Huſaren, in funkel¬
nagelneuer Uniform vorüberging und die Kleine, die
er aus den Abendgeſellſchaften kannte, ſehr freundlich
grüßte. Dörtje hatte die Augen halb geſchloſſen und
das Köpfchen abgewendet von der Straße; man hätte
denken ſollen, daß es ihr unmöglich ſeyn müßte, den
Offizier zu gewahren, aber mächtig iſt der Zauber
einer neuen glänzenden Uniform! Die Kleine, viel¬
leicht ſchon erregt durch das bedeutungsvolle Klappern
des Säbels auf dem Steinpflaſter, öffnete die Aeuge¬
lein hell und klar, wand ſich aus Georgs Arm, riß
das Fenſter auf, warf dem Offizier ein Kußhändchen
zu, und ſchaute ihm nach bis er um die Ecke ver¬
ſchwunden.
»Gamaheh,» ſchrie die Diſtel Zeherit ganz außer
ſich, »Gamaheh, was iſt das? — ſpotteſt du mei¬
ner? Iſt das die Treue die du deiner Diſtel ange¬
lobt?» — Die Kleine drehte ſich auf dem Abſatz
herum, ſchlug ein helles Gelächter auf und rief:
»Geht, geht, George! Bin ich die Tochter des wür¬
digen alten Königs Sekakis, ſeyd Ihr die Diſtel Ze¬
herit, ſo iſt jener allerliebſte Offizier der Genius The¬
tel der mir eigentlich viel beſſer gefällt, wie die traurige
ſtachligte Diſtel. — Damit ſprang die Holländerin
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/83>, abgerufen am 16.02.2025.
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