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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Es begab sich, daß ein junger Mensch, George
Pepusch geheißen -- der geneigte Leser wird ihn bald
näher kennen lernen -- Verlangen trug, noch am
späten Abend den Flohbändiger zu besuchen. Schon
auf der Treppe vernahm er Gezänk, das immer hefti¬
ger und heftiger wurde und endlich überging in tolles
Schreien und Toben. So wie nun Pepusch eintre¬
ten wollte, sprang die Thüre des Saals auf mit Un¬
gestüm, und in wildem Gedränge stürzten die Men¬
schen ihm entgegen, todtenbleiches Entsetzen in den
Gesichtern.

"Der verfluchte Hexenmeister! der Satanskerl!
beim hohen Rath will ich ihn angeben! aus der Stadt
soll er, der betrügerische Taschenspieler!" -- So schrieen
die Leute durch einander und suchten von Furcht
und Angst gehetzt, so schnell als möglich aus dem
Hause zu kommen.

Ein Blick in den Saal verrieth dem jungen Pe¬
pusch sogleich die Ursache des fürchterlichen Entsetzens,
das die Leute fortgetrieben. Alles lebte darin, ein
ekelhaftes Gewirr der scheußlichsten Creaturen erfüllte
den ganzen Raum. Das Geschlecht der Pucerons,
der Käfer, der Spinnen, der Schlammthiere bis zum
Uebermaaß vergrößert, streckte seine Rüssel aus, schritt
daher auf hohen haarigten Beinen, und die gräulichen

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Es begab ſich, daß ein junger Menſch, George
Pepuſch geheißen — der geneigte Leſer wird ihn bald
näher kennen lernen — Verlangen trug, noch am
ſpäten Abend den Flohbändiger zu beſuchen. Schon
auf der Treppe vernahm er Gezänk, das immer hefti¬
ger und heftiger wurde und endlich überging in tolles
Schreien und Toben. So wie nun Pepuſch eintre¬
ten wollte, ſprang die Thüre des Saals auf mit Un¬
geſtüm, und in wildem Gedränge ſtürzten die Men¬
ſchen ihm entgegen, todtenbleiches Entſetzen in den
Geſichtern.

»Der verfluchte Hexenmeiſter! der Satanskerl!
beim hohen Rath will ich ihn angeben! aus der Stadt
ſoll er, der betrügeriſche Taſchenſpieler!» — So ſchrieen
die Leute durch einander und ſuchten von Furcht
und Angſt gehetzt, ſo ſchnell als möglich aus dem
Hauſe zu kommen.

Ein Blick in den Saal verrieth dem jungen Pe¬
puſch ſogleich die Urſache des fürchterlichen Entſetzens,
das die Leute fortgetrieben. Alles lebte darin, ein
ekelhaftes Gewirr der ſcheußlichſten Creaturen erfüllte
den ganzen Raum. Das Geſchlecht der Pucerons,
der Käfer, der Spinnen, der Schlammthiere bis zum
Uebermaaß vergrößert, ſtreckte ſeine Rüſſel aus, ſchritt
daher auf hohen haarigten Beinen, und die gräulichen

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[49/0054] Es begab ſich, daß ein junger Menſch, George Pepuſch geheißen — der geneigte Leſer wird ihn bald näher kennen lernen — Verlangen trug, noch am ſpäten Abend den Flohbändiger zu beſuchen. Schon auf der Treppe vernahm er Gezänk, das immer hefti¬ ger und heftiger wurde und endlich überging in tolles Schreien und Toben. So wie nun Pepuſch eintre¬ ten wollte, ſprang die Thüre des Saals auf mit Un¬ geſtüm, und in wildem Gedränge ſtürzten die Men¬ ſchen ihm entgegen, todtenbleiches Entſetzen in den Geſichtern. »Der verfluchte Hexenmeiſter! der Satanskerl! beim hohen Rath will ich ihn angeben! aus der Stadt ſoll er, der betrügeriſche Taſchenſpieler!» — So ſchrieen die Leute durch einander und ſuchten von Furcht und Angſt gehetzt, ſo ſchnell als möglich aus dem Hauſe zu kommen. Ein Blick in den Saal verrieth dem jungen Pe¬ puſch ſogleich die Urſache des fürchterlichen Entſetzens, das die Leute fortgetrieben. Alles lebte darin, ein ekelhaftes Gewirr der ſcheußlichſten Creaturen erfüllte den ganzen Raum. Das Geſchlecht der Pucerons, der Käfer, der Spinnen, der Schlammthiere bis zum Uebermaaß vergrößert, ſtreckte ſeine Rüſſel aus, ſchritt daher auf hohen haarigten Beinen, und die gräulichen 4

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/54>, abgerufen am 24.11.2024.