Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

kam ihm zum erstenmal seine ganze Lebensweise, das
Spiel mit der Weihnachtsbescheerung kindisch und ab¬
geschmackt vor, und er fühlte sich beschämt, daß die
Dame darum wußte und nun war es ihm wieder, als
sey das Geschenk der Dame der lebendige Beweis, daß
sie ihn verstanden, wie niemand sonst auf Erden und
daß das innigste tiefste Zartgefühl sie gelenkt, als sie
ihn auf diese Weise erfreuen wollen. Er beschloß die
theure Gabe ewig aufzubewahren, nie aus den Hän¬
den zu lassen und drückte, fortgerissen von einem Ge¬
fühl, das ihn ganz übermannt, die Schachtel worin
die Hirsch- und wilde Schweinsjagd befindlich, mit
Heftigkeit an die Brust. -- "O," lispelte das Däm¬
chen, "o des Entzückens! -- Dich erfreut meine
Gabe! o mein herziger Peregrin, so haben mich meine
Träume, meine Ahnungen nicht getäuscht!" --

Herr Peregrinus Tyß kam etwas zu sich selbst,
so, daß er im Stande war, sehr deutlich und ver¬
nehmlich zu sprechen: "Aber mein bestes hochverehr¬
tes Fräulein, wenn ich nur in aller Welt wüßte,
wem ich die Ehre hätte" --

"Schalkischer Mann," unterbrach ihn die Da¬
me, indem sie ihm leise die Wange klopfte, "schal¬
kischer Mann, du stellst dich gar, als ob du deine
treue Aline nicht kenntest! -- Doch es ist Zeit, daß

3 *

kam ihm zum erſtenmal ſeine ganze Lebensweiſe, das
Spiel mit der Weihnachtsbeſcheerung kindiſch und ab¬
geſchmackt vor, und er fühlte ſich beſchämt, daß die
Dame darum wußte und nun war es ihm wieder, als
ſey das Geſchenk der Dame der lebendige Beweis, daß
ſie ihn verſtanden, wie niemand ſonſt auf Erden und
daß das innigſte tiefſte Zartgefühl ſie gelenkt, als ſie
ihn auf dieſe Weiſe erfreuen wollen. Er beſchloß die
theure Gabe ewig aufzubewahren, nie aus den Hän¬
den zu laſſen und drückte, fortgeriſſen von einem Ge¬
fühl, das ihn ganz übermannt, die Schachtel worin
die Hirſch- und wilde Schweinsjagd befindlich, mit
Heftigkeit an die Bruſt. — »O,» lispelte das Däm¬
chen, »o des Entzückens! — Dich erfreut meine
Gabe! o mein herziger Peregrin, ſo haben mich meine
Träume, meine Ahnungen nicht getäuſcht!» —

Herr Peregrinus Tyß kam etwas zu ſich ſelbſt,
ſo, daß er im Stande war, ſehr deutlich und ver¬
nehmlich zu ſprechen: »Aber mein beſtes hochverehr¬
tes Fräulein, wenn ich nur in aller Welt wüßte,
wem ich die Ehre hätte» —

»Schalkiſcher Mann,» unterbrach ihn die Da¬
me, indem ſie ihm leiſe die Wange klopfte, »ſchal¬
kiſcher Mann, du ſtellſt dich gar, als ob du deine
treue Aline nicht kennteſt! — Doch es iſt Zeit, daß

3 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0040" n="35"/>
kam ihm zum er&#x017F;tenmal &#x017F;eine ganze Lebenswei&#x017F;e, das<lb/>
Spiel mit der Weihnachtsbe&#x017F;cheerung kindi&#x017F;ch und ab¬<lb/>
ge&#x017F;chmackt vor, und er fühlte &#x017F;ich be&#x017F;chämt, daß die<lb/>
Dame darum wußte und nun war es ihm wieder, als<lb/>
&#x017F;ey das Ge&#x017F;chenk der Dame der lebendige Beweis, daß<lb/>
&#x017F;ie ihn ver&#x017F;tanden, wie niemand &#x017F;on&#x017F;t auf Erden und<lb/>
daß das innig&#x017F;te tief&#x017F;te Zartgefühl &#x017F;ie gelenkt, als &#x017F;ie<lb/>
ihn auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e erfreuen wollen. Er be&#x017F;chloß die<lb/>
theure Gabe ewig aufzubewahren, nie aus den Hän¬<lb/>
den zu la&#x017F;&#x017F;en und drückte, fortgeri&#x017F;&#x017F;en von einem Ge¬<lb/>
fühl, das ihn ganz übermannt, die Schachtel worin<lb/>
die Hir&#x017F;ch- und wilde Schweinsjagd befindlich, mit<lb/>
Heftigkeit an die Bru&#x017F;t. &#x2014; »O,» lispelte das Däm¬<lb/>
chen, »o des Entzückens! &#x2014; Dich erfreut meine<lb/>
Gabe! o mein herziger Peregrin, &#x017F;o haben mich meine<lb/>
Träume, meine Ahnungen nicht getäu&#x017F;cht!» &#x2014;</p><lb/>
            <p>Herr Peregrinus Tyß kam etwas zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o, daß er im Stande war, &#x017F;ehr deutlich und ver¬<lb/>
nehmlich zu &#x017F;prechen: »Aber mein be&#x017F;tes hochverehr¬<lb/>
tes Fräulein, wenn ich nur in aller Welt wüßte,<lb/>
wem ich die Ehre hätte» &#x2014;</p><lb/>
            <p>»Schalki&#x017F;cher Mann,» unterbrach ihn die Da¬<lb/>
me, indem &#x017F;ie ihm lei&#x017F;e die Wange klopfte, »&#x017F;chal¬<lb/>
ki&#x017F;cher Mann, du &#x017F;tell&#x017F;t dich gar, als ob du deine<lb/>
treue Aline nicht kennte&#x017F;t! &#x2014; Doch es i&#x017F;t Zeit, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3 *<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0040] kam ihm zum erſtenmal ſeine ganze Lebensweiſe, das Spiel mit der Weihnachtsbeſcheerung kindiſch und ab¬ geſchmackt vor, und er fühlte ſich beſchämt, daß die Dame darum wußte und nun war es ihm wieder, als ſey das Geſchenk der Dame der lebendige Beweis, daß ſie ihn verſtanden, wie niemand ſonſt auf Erden und daß das innigſte tiefſte Zartgefühl ſie gelenkt, als ſie ihn auf dieſe Weiſe erfreuen wollen. Er beſchloß die theure Gabe ewig aufzubewahren, nie aus den Hän¬ den zu laſſen und drückte, fortgeriſſen von einem Ge¬ fühl, das ihn ganz übermannt, die Schachtel worin die Hirſch- und wilde Schweinsjagd befindlich, mit Heftigkeit an die Bruſt. — »O,» lispelte das Däm¬ chen, »o des Entzückens! — Dich erfreut meine Gabe! o mein herziger Peregrin, ſo haben mich meine Träume, meine Ahnungen nicht getäuſcht!» — Herr Peregrinus Tyß kam etwas zu ſich ſelbſt, ſo, daß er im Stande war, ſehr deutlich und ver¬ nehmlich zu ſprechen: »Aber mein beſtes hochverehr¬ tes Fräulein, wenn ich nur in aller Welt wüßte, wem ich die Ehre hätte» — »Schalkiſcher Mann,» unterbrach ihn die Da¬ me, indem ſie ihm leiſe die Wange klopfte, »ſchal¬ kiſcher Mann, du ſtellſt dich gar, als ob du deine treue Aline nicht kennteſt! — Doch es iſt Zeit, daß 3 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/40
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/40>, abgerufen am 24.11.2024.