erröthend, sittsam die Augen niederschlug, die Frage, was dem Herrn beliebe? Mühsam stotterte Peregri¬ nus heraus: ob der Buchbinder Lämmerhirt hier wohne? Als nun das Mädchen erwiederte, daß Läm¬ merhirt allerdings hier wohne, daß er aber in Ge¬ schäften ausgegangen, da sprach Peregrinus wirr durch¬ einander von Einbänden die er bestellt, von Büchern die Lämmerhirt ihm verschaffen sollen; zuletzt kam er etwas ins Geleise und gedachte der Prachtausgabe des Ariost, die Lämmerhirt in rothen Maroquin binden sollen, mit reicher goldner Verzierung. Da war es aber, als durchführe die holde Jungfrau ein elektri¬ scher Funke; sie schlug die Hände zusammen und rief, Thränen in den Augen: Ach Gott! -- Sie sind Herr Tyß! -- Sie machte eine Bewegung, als wolle sie Peregrinus Hand ergreifen, trat aber schnell zu¬ rück und ein tiefer Seufzer schien die volle Brust zu entlasten. Dann überstralte ein anmuthiges Lächeln der Jungfrau Antlitz wie liebliches Morgenroth und sie ergoß sich nun in Dank und Segenswünsche da¬ für, daß Peregrinus des Vaters, der Mutter Wohl¬ thäter sey, daß nicht dieß allein -- nein! -- seine Milde, seine Freundlichkeit, die Art wie er noch zu vorigen Weihnachten die Kinder beschenkt und Freude und Fröhlichkeit verbreitet, ihnen den Frieden, die
erröthend, ſittſam die Augen niederſchlug, die Frage, was dem Herrn beliebe? Mühſam ſtotterte Peregri¬ nus heraus: ob der Buchbinder Lämmerhirt hier wohne? Als nun das Mädchen erwiederte, daß Läm¬ merhirt allerdings hier wohne, daß er aber in Ge¬ ſchäften ausgegangen, da ſprach Peregrinus wirr durch¬ einander von Einbänden die er beſtellt, von Büchern die Lämmerhirt ihm verſchaffen ſollen; zuletzt kam er etwas ins Geleiſe und gedachte der Prachtausgabe des Arioſt, die Lämmerhirt in rothen Maroquin binden ſollen, mit reicher goldner Verzierung. Da war es aber, als durchführe die holde Jungfrau ein elektri¬ ſcher Funke; ſie ſchlug die Hände zuſammen und rief, Thränen in den Augen: Ach Gott! — Sie ſind Herr Tyß! — Sie machte eine Bewegung, als wolle ſie Peregrinus Hand ergreifen, trat aber ſchnell zu¬ rück und ein tiefer Seufzer ſchien die volle Bruſt zu entlaſten. Dann überſtralte ein anmuthiges Lächeln der Jungfrau Antlitz wie liebliches Morgenroth und ſie ergoß ſich nun in Dank und Segenswünſche da¬ für, daß Peregrinus des Vaters, der Mutter Wohl¬ thäter ſey, daß nicht dieß allein — nein! — ſeine Milde, ſeine Freundlichkeit, die Art wie er noch zu vorigen Weihnachten die Kinder beſchenkt und Freude und Fröhlichkeit verbreitet, ihnen den Frieden, die
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erröthend, ſittſam die Augen niederſchlug, die Frage,
was dem Herrn beliebe? Mühſam ſtotterte Peregri¬
nus heraus: ob der Buchbinder Lämmerhirt hier
wohne? Als nun das Mädchen erwiederte, daß Läm¬
merhirt allerdings hier wohne, daß er aber in Ge¬
ſchäften ausgegangen, da ſprach Peregrinus wirr durch¬
einander von Einbänden die er beſtellt, von Büchern
die Lämmerhirt ihm verſchaffen ſollen; zuletzt kam er
etwas ins Geleiſe und gedachte der Prachtausgabe des
Arioſt, die Lämmerhirt in rothen Maroquin binden
ſollen, mit reicher goldner Verzierung. Da war es
aber, als durchführe die holde Jungfrau ein elektri¬
ſcher Funke; ſie ſchlug die Hände zuſammen und rief,
Thränen in den Augen: Ach Gott! — Sie ſind
Herr Tyß! — Sie machte eine Bewegung, als wolle
ſie Peregrinus Hand ergreifen, trat aber ſchnell zu¬
rück und ein tiefer Seufzer ſchien die volle Bruſt zu
entlaſten. Dann überſtralte ein anmuthiges Lächeln
der Jungfrau Antlitz wie liebliches Morgenroth und
ſie ergoß ſich nun in Dank und Segenswünſche da¬
für, daß Peregrinus des Vaters, der Mutter Wohl¬
thäter ſey, daß nicht dieß allein — nein! — ſeine
Milde, ſeine Freundlichkeit, die Art wie er noch zu
vorigen Weihnachten die Kinder beſchenkt und Freude
und Fröhlichkeit verbreitet, ihnen den Frieden, die
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/235>, abgerufen am 26.11.2024.
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