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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Pepusch ballte in wildem Zorn die Faust und
erhob sie gegen den Freund. Da sprang aber die
Kleine zwischen die Freunde und faßte die Hand des
Peregrinus, indem sie lachend rief: Laß doch nur die
geckische Distel laufen, sie hat nichts als wirres Zeug
im Kopfe und ist, wie es Distel Art ist, starr und störrisch
ohne zu wissen was sie eigentlich will; du bist mein
und bleibst es auch, mein süßer herzlieber Peregri¬
nus! --

Damit zog die Kleine den Peregrinus auf das
Kanapee und setzte sich ohne weitere Umstände auf sei¬
nen Schooß. Pepusch rannte, nachdem er sich die
Nägel sattsam zerkaut, wild zur Thüre hinaus.

Die Kleine, wiederum in das fabelhafte verfüh¬
rerische Gewand von Silberzindel gekleidet, war eben
so anmuthig, eben so ganz Liebreiz als sonst; Pere¬
grinus fühlte sich durchströmt von der elektrischen
Wärme ihres Leibes und doch wehten ihn dazwischen
eiskalte unheimliche Schauer an, wie Todeshauch.
Zum erstenmal glaubte er tief in den Augen der Klei¬
nen etwas seltsam lebloses, starres zu gewahren und
der Ton ihrer Stimme, ja selbst das Rauschen des
wunderlichen Silberzindels, schien ein fremdartiges
Wesen zu verrathen, dem nimmermehr zu trauen.
Es fiel ihm schwer aufs Herz, daß damals, als

Pepuſch ballte in wildem Zorn die Fauſt und
erhob ſie gegen den Freund. Da ſprang aber die
Kleine zwiſchen die Freunde und faßte die Hand des
Peregrinus, indem ſie lachend rief: Laß doch nur die
geckiſche Diſtel laufen, ſie hat nichts als wirres Zeug
im Kopfe und iſt, wie es Diſtel Art iſt, ſtarr und ſtörriſch
ohne zu wiſſen was ſie eigentlich will; du biſt mein
und bleibſt es auch, mein ſüßer herzlieber Peregri¬
nus! —

Damit zog die Kleine den Peregrinus auf das
Kanapee und ſetzte ſich ohne weitere Umſtände auf ſei¬
nen Schooß. Pepuſch rannte, nachdem er ſich die
Nägel ſattſam zerkaut, wild zur Thüre hinaus.

Die Kleine, wiederum in das fabelhafte verfüh¬
reriſche Gewand von Silberzindel gekleidet, war eben
ſo anmuthig, eben ſo ganz Liebreiz als ſonſt; Pere¬
grinus fühlte ſich durchſtrömt von der elektriſchen
Wärme ihres Leibes und doch wehten ihn dazwiſchen
eiskalte unheimliche Schauer an, wie Todeshauch.
Zum erſtenmal glaubte er tief in den Augen der Klei¬
nen etwas ſeltſam lebloſes, ſtarres zu gewahren und
der Ton ihrer Stimme, ja ſelbſt das Rauſchen des
wunderlichen Silberzindels, ſchien ein fremdartiges
Weſen zu verrathen, dem nimmermehr zu trauen.
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[226/0231] Pepuſch ballte in wildem Zorn die Fauſt und erhob ſie gegen den Freund. Da ſprang aber die Kleine zwiſchen die Freunde und faßte die Hand des Peregrinus, indem ſie lachend rief: Laß doch nur die geckiſche Diſtel laufen, ſie hat nichts als wirres Zeug im Kopfe und iſt, wie es Diſtel Art iſt, ſtarr und ſtörriſch ohne zu wiſſen was ſie eigentlich will; du biſt mein und bleibſt es auch, mein ſüßer herzlieber Peregri¬ nus! — Damit zog die Kleine den Peregrinus auf das Kanapee und ſetzte ſich ohne weitere Umſtände auf ſei¬ nen Schooß. Pepuſch rannte, nachdem er ſich die Nägel ſattſam zerkaut, wild zur Thüre hinaus. Die Kleine, wiederum in das fabelhafte verfüh¬ reriſche Gewand von Silberzindel gekleidet, war eben ſo anmuthig, eben ſo ganz Liebreiz als ſonſt; Pere¬ grinus fühlte ſich durchſtrömt von der elektriſchen Wärme ihres Leibes und doch wehten ihn dazwiſchen eiskalte unheimliche Schauer an, wie Todeshauch. Zum erſtenmal glaubte er tief in den Augen der Klei¬ nen etwas ſeltſam lebloſes, ſtarres zu gewahren und der Ton ihrer Stimme, ja ſelbſt das Rauſchen des wunderlichen Silberzindels, ſchien ein fremdartiges Weſen zu verrathen, dem nimmermehr zu trauen. Es fiel ihm ſchwer aufs Herz, daß damals, als

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/231>, abgerufen am 26.11.2024.