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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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"da ich in meinem ganzem Wesen ganz zerrüttet und
"verstört bin und nicht weiß, was ich anfangen, ja
"wohin ich meine Gedanken wenden soll. Glaubt
"aber nicht, lieber Meister Floh, daß ich thörigt genug
"seyn werde, mich in die Nähe der Klippe zu wagen,
"an der ich mit all meinen schönen Vorsätzen und
"Entschlüssen scheitern kann. Ich werde mich hüten
"Swammerdamms Einladung zu folgen und die ver¬
"führerische Dörtje Elverdink wieder zu sehen."

"In der That," erwiederte Meister Floh,
nachdem er wieder den alten Platz auf dem Kopfkissen
neben dem Ohr des Herrn Peregrinus Tyß eingenom¬
men, "in der That, ich weiß nicht, ob ich, so sehr
"es mir verderblich scheint, Euch doch nicht gerade
"rathen sollte, sogleich zu Swammerdamm hinunter zu
"gehen. Es ist mir, als wenn die Linien Eures Ho¬
"roskops jetzt immer schneller und schneller zusammen¬
"liefen und ihr selbst im Begriff stündet in den rothen
"Punkt zu treten. -- Mag nun das dunkle Ver¬
"hängniß beschlossen haben was es will, ich sehe ein,
"daß selbst ein Meister Floh solchem Beschluß nicht
"zu entgehen vermag und daß es eben so albern als
"unnütz seyn würde, von Euch meine Rettung zu
"verlangen. -- Geht hin, seht sie, nehmt ihre Hand,
"überliefert mich der Sklaverei und damit alles ge¬

»da ich in meinem ganzem Weſen ganz zerrüttet und
»verſtört bin und nicht weiß, was ich anfangen, ja
»wohin ich meine Gedanken wenden ſoll. Glaubt
»aber nicht, lieber Meiſter Floh, daß ich thörigt genug
»ſeyn werde, mich in die Nähe der Klippe zu wagen,
»an der ich mit all meinen ſchönen Vorſätzen und
»Entſchlüſſen ſcheitern kann. Ich werde mich hüten
»Swammerdamms Einladung zu folgen und die ver¬
»führeriſche Dörtje Elverdink wieder zu ſehen.»

»In der That,» erwiederte Meiſter Floh,
nachdem er wieder den alten Platz auf dem Kopfkiſſen
neben dem Ohr des Herrn Peregrinus Tyß eingenom¬
men, »in der That, ich weiß nicht, ob ich, ſo ſehr
»es mir verderblich ſcheint, Euch doch nicht gerade
»rathen ſollte, ſogleich zu Swammerdamm hinunter zu
»gehen. Es iſt mir, als wenn die Linien Eures Ho¬
»roskops jetzt immer ſchneller und ſchneller zuſammen¬
»liefen und ihr ſelbſt im Begriff ſtündet in den rothen
»Punkt zu treten. — Mag nun das dunkle Ver¬
»hängniß beſchloſſen haben was es will, ich ſehe ein,
»daß ſelbſt ein Meiſter Floh ſolchem Beſchluß nicht
»zu entgehen vermag und daß es eben ſo albern als
»unnütz ſeyn würde, von Euch meine Rettung zu
»verlangen. — Geht hin, ſeht ſie, nehmt ihre Hand,
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[222/0227] »da ich in meinem ganzem Weſen ganz zerrüttet und »verſtört bin und nicht weiß, was ich anfangen, ja »wohin ich meine Gedanken wenden ſoll. Glaubt »aber nicht, lieber Meiſter Floh, daß ich thörigt genug »ſeyn werde, mich in die Nähe der Klippe zu wagen, »an der ich mit all meinen ſchönen Vorſätzen und »Entſchlüſſen ſcheitern kann. Ich werde mich hüten »Swammerdamms Einladung zu folgen und die ver¬ »führeriſche Dörtje Elverdink wieder zu ſehen.» »In der That,» erwiederte Meiſter Floh, nachdem er wieder den alten Platz auf dem Kopfkiſſen neben dem Ohr des Herrn Peregrinus Tyß eingenom¬ men, »in der That, ich weiß nicht, ob ich, ſo ſehr »es mir verderblich ſcheint, Euch doch nicht gerade »rathen ſollte, ſogleich zu Swammerdamm hinunter zu »gehen. Es iſt mir, als wenn die Linien Eures Ho¬ »roskops jetzt immer ſchneller und ſchneller zuſammen¬ »liefen und ihr ſelbſt im Begriff ſtündet in den rothen »Punkt zu treten. — Mag nun das dunkle Ver¬ »hängniß beſchloſſen haben was es will, ich ſehe ein, »daß ſelbſt ein Meiſter Floh ſolchem Beſchluß nicht »zu entgehen vermag und daß es eben ſo albern als »unnütz ſeyn würde, von Euch meine Rettung zu »verlangen. — Geht hin, ſeht ſie, nehmt ihre Hand, »überliefert mich der Sklaverei und damit alles ge¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/227>, abgerufen am 26.11.2024.