den angenehmen Körper meines werthen Freundes, des Herrn Peregrinus Tyß belebt, schon lange vorher existir¬ te, wiewohl nur als Gedanke ohne Bewußtseyn der Ge¬ staltung. Schaut hin, Herr Peregrinus, betrachtet aufmerksam den rothen Punkt in der Mitte der Ta¬ fel. Das seyd Ihr nicht allein selbst, sondern der Punkt ist auch die Gestalt, deren sich Euer physisches Prinzip einst nicht bewußt werden konnte. Als stra¬ lender Karfunkel, lagt Ihr damals im tiefen Schacht der Erde, aber über Euch hingestreckt, auf die grüne Fläche des Bodens, schlummerte die holde Gamaheh und nur in jener Bewußtlosigkeit zerrann auch ihre Gestaltung. Seltsame Linien, fremde Constellatio¬ nen durchschneiden nun Euer Leben von dem Zeit¬ punkt an, als der Gedanke sich gestaltete und zum Herrn Peregrinus Tyß wurde. Ihr seyd im Besitz eines Talismans, ohne es zu wissen. Dieser Ta¬ lisman ist eben der rothe Karfunkel; es kann seyn, daß der König Sekakis ihn als Edelstein in der Krone trug oder daß er gewissermaßen selbst der Karfunkel war; genug -- Ihr besitzt ihn jetzt, aber ein gewis¬ ses Ereigniß muß hinzutreten, wenn seine schlum¬ mernde Kraft erweckt werden soll und mit diesem Er¬ wachen der Kraft Eures Talismans entscheidet sich das Schicksal einer Unglücklichen, die bis jetzt zwi¬
den angenehmen Körper meines werthen Freundes, des Herrn Peregrinus Tyß belebt, ſchon lange vorher exiſtir¬ te, wiewohl nur als Gedanke ohne Bewußtſeyn der Ge¬ ſtaltung. Schaut hin, Herr Peregrinus, betrachtet aufmerkſam den rothen Punkt in der Mitte der Ta¬ fel. Das ſeyd Ihr nicht allein ſelbſt, ſondern der Punkt iſt auch die Geſtalt, deren ſich Euer phyſiſches Prinzip einſt nicht bewußt werden konnte. Als ſtra¬ lender Karfunkel, lagt Ihr damals im tiefen Schacht der Erde, aber über Euch hingeſtreckt, auf die grüne Fläche des Bodens, ſchlummerte die holde Gamaheh und nur in jener Bewußtloſigkeit zerrann auch ihre Geſtaltung. Seltſame Linien, fremde Conſtellatio¬ nen durchſchneiden nun Euer Leben von dem Zeit¬ punkt an, als der Gedanke ſich geſtaltete und zum Herrn Peregrinus Tyß wurde. Ihr ſeyd im Beſitz eines Talismans, ohne es zu wiſſen. Dieſer Ta¬ lisman iſt eben der rothe Karfunkel; es kann ſeyn, daß der König Sekakis ihn als Edelſtein in der Krone trug oder daß er gewiſſermaßen ſelbſt der Karfunkel war; genug — Ihr beſitzt ihn jetzt, aber ein gewiſ¬ ſes Ereigniß muß hinzutreten, wenn ſeine ſchlum¬ mernde Kraft erweckt werden ſoll und mit dieſem Er¬ wachen der Kraft Eures Talismans entſcheidet ſich das Schickſal einer Unglücklichen, die bis jetzt zwi¬
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den angenehmen Körper meines werthen Freundes, des
Herrn Peregrinus Tyß belebt, ſchon lange vorher exiſtir¬
te, wiewohl nur als Gedanke ohne Bewußtſeyn der Ge¬
ſtaltung. Schaut hin, Herr Peregrinus, betrachtet
aufmerkſam den rothen Punkt in der Mitte der Ta¬
fel. Das ſeyd Ihr nicht allein ſelbſt, ſondern der
Punkt iſt auch die Geſtalt, deren ſich Euer phyſiſches
Prinzip einſt nicht bewußt werden konnte. Als ſtra¬
lender Karfunkel, lagt Ihr damals im tiefen Schacht
der Erde, aber über Euch hingeſtreckt, auf die grüne
Fläche des Bodens, ſchlummerte die holde Gamaheh
und nur in jener Bewußtloſigkeit zerrann auch ihre
Geſtaltung. Seltſame Linien, fremde Conſtellatio¬
nen durchſchneiden nun Euer Leben von dem Zeit¬
punkt an, als der Gedanke ſich geſtaltete und zum
Herrn Peregrinus Tyß wurde. Ihr ſeyd im Beſitz
eines Talismans, ohne es zu wiſſen. Dieſer Ta¬
lisman iſt eben der rothe Karfunkel; es kann ſeyn,
daß der König Sekakis ihn als Edelſtein in der Krone
trug oder daß er gewiſſermaßen ſelbſt der Karfunkel
war; genug — Ihr beſitzt ihn jetzt, aber ein gewiſ¬
ſes Ereigniß muß hinzutreten, wenn ſeine ſchlum¬
mernde Kraft erweckt werden ſoll und mit dieſem Er¬
wachen der Kraft Eures Talismans entſcheidet ſich
das Schickſal einer Unglücklichen, die bis jetzt zwi¬
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/199>, abgerufen am 23.11.2024.
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