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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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war in einen langen sehr engen Ueberrock von fahl¬
schwarzem glänzendem Zeuge gekleidet. Er wußte sich
bald lang und dünn zu machen, bald schrumpfte er
zu einem kurzen dicken Kerl zusammen und es war
seltsam, daß er sich dabei ringelte wie ein glatter
Wurm. Der andere hochfrisirt, im bunten seidnen
Rock, eben solchen Unterkleidern, großen silbernen
Schnallen, einem Petit Maitre aus der letzten Hälfte
des vorigen Jahrhunderts gleichend, flog dagegen ein¬
mal über das andere hoch hinauf an die Stubendecke
und ließ sich sanft wieder herab, indem er mit heiterer
Stimme mißtönende Lieder in gänzlich unbekannter
Sprache trällerte.

Nach der Aussage des Wirths waren beide, ei¬
ner kurz auf den andern als ganz vernünftige beschei¬
dene Leute in die Stube hineingetreten und hatten
Wein gefordert. Dann blickten sie sich schärfer und
schärfer ins Antlitz und fingen an zu discuriren. Un¬
erachtet ihre Sprache allen Gästen unverständlich war,
so zeigte doch Ton und Gebehrde, daß sie in einen
Zank begriffen, der immer heftiger wurde.

Plötzlich standen sie in ihre jetzige Gestalt ver¬
wandelt da und begannen das tolle Wesen zu treiben,
das immer mehr Zuschauer herbeilockte.

war in einen langen ſehr engen Ueberrock von fahl¬
ſchwarzem glänzendem Zeuge gekleidet. Er wußte ſich
bald lang und dünn zu machen, bald ſchrumpfte er
zu einem kurzen dicken Kerl zuſammen und es war
ſeltſam, daß er ſich dabei ringelte wie ein glatter
Wurm. Der andere hochfriſirt, im bunten ſeidnen
Rock, eben ſolchen Unterkleidern, großen ſilbernen
Schnallen, einem Petit Maitre aus der letzten Hälfte
des vorigen Jahrhunderts gleichend, flog dagegen ein¬
mal über das andere hoch hinauf an die Stubendecke
und ließ ſich ſanft wieder herab, indem er mit heiterer
Stimme mißtönende Lieder in gänzlich unbekannter
Sprache trällerte.

Nach der Ausſage des Wirths waren beide, ei¬
ner kurz auf den andern als ganz vernünftige beſchei¬
dene Leute in die Stube hineingetreten und hatten
Wein gefordert. Dann blickten ſie ſich ſchärfer und
ſchärfer ins Antlitz und fingen an zu discuriren. Un¬
erachtet ihre Sprache allen Gäſten unverſtändlich war,
ſo zeigte doch Ton und Gebehrde, daß ſie in einen
Zank begriffen, der immer heftiger wurde.

Plötzlich ſtanden ſie in ihre jetzige Geſtalt ver¬
wandelt da und begannen das tolle Weſen zu treiben,
das immer mehr Zuſchauer herbeilockte.

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[174/0179] war in einen langen ſehr engen Ueberrock von fahl¬ ſchwarzem glänzendem Zeuge gekleidet. Er wußte ſich bald lang und dünn zu machen, bald ſchrumpfte er zu einem kurzen dicken Kerl zuſammen und es war ſeltſam, daß er ſich dabei ringelte wie ein glatter Wurm. Der andere hochfriſirt, im bunten ſeidnen Rock, eben ſolchen Unterkleidern, großen ſilbernen Schnallen, einem Petit Maitre aus der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gleichend, flog dagegen ein¬ mal über das andere hoch hinauf an die Stubendecke und ließ ſich ſanft wieder herab, indem er mit heiterer Stimme mißtönende Lieder in gänzlich unbekannter Sprache trällerte. Nach der Ausſage des Wirths waren beide, ei¬ ner kurz auf den andern als ganz vernünftige beſchei¬ dene Leute in die Stube hineingetreten und hatten Wein gefordert. Dann blickten ſie ſich ſchärfer und ſchärfer ins Antlitz und fingen an zu discuriren. Un¬ erachtet ihre Sprache allen Gäſten unverſtändlich war, ſo zeigte doch Ton und Gebehrde, daß ſie in einen Zank begriffen, der immer heftiger wurde. Plötzlich ſtanden ſie in ihre jetzige Geſtalt ver¬ wandelt da und begannen das tolle Weſen zu treiben, das immer mehr Zuſchauer herbeilockte.

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/179>, abgerufen am 23.11.2024.