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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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"In der That," sprach Peregrinus zu sich selbst,
"ein fantastischer Mährchenschreiber könnte nicht tol¬
"lere, verwirrtere Begebenheiten ersinnen, als ich
"sie in dem geringen Zeitraum von wenigen Tagen
"wirklich erlebt habe. -- Die Anmuth, das Entzük¬
"ken, die Liebe selbst kommt dem einsiedlerischen My¬
"sogin entgegen und ein Blick, ein Wort reicht hin,
"Flammen in seiner Brust anzufachen, deren Mar¬
"ter er scheute, ohne sie zu kennen! Aber Ort, Zeit,
"die ganze Erscheinung des fremden verführerischen
"Wesens ist so geheimnißvoll, daß ein seltsamer Zau¬
"ber sichtbarlich einzugreifen scheint und nicht lange
"dauert es, so zeigt ein kleines, winziges, sonst ver¬
"achtetes Thier, Wissenschaft, Verstand ja eine wun¬
"derbare magische Kraft. Und dieses Thier spricht
"von Dingen, die allen gewöhnlichen Begriffen un¬
"erfaßlich sind, auf eine Weise, als sey das Alles nur
"das tausendmal wiederholte Gestern und Heute des
"gemeinen Lebens hinter der Bratenschüssel und der
"Weinflasche.

"Bin ich dem Schwungrad zu nahe gekommen,
"das finstre unbekannte Mächte treiben, und hat
"es mich erfaßt in seinen Schwingungen? Sollte
"man nicht glauben, man müsse über derlei Dinge,
"wenn sie das Leben durchschneiden, den Verstand

»In der That,» ſprach Peregrinus zu ſich ſelbſt,
»ein fantaſtiſcher Mährchenſchreiber könnte nicht tol¬
»lere, verwirrtere Begebenheiten erſinnen, als ich
»ſie in dem geringen Zeitraum von wenigen Tagen
»wirklich erlebt habe. — Die Anmuth, das Entzük¬
»ken, die Liebe ſelbſt kommt dem einſiedleriſchen My¬
»ſogin entgegen und ein Blick, ein Wort reicht hin,
»Flammen in ſeiner Bruſt anzufachen, deren Mar¬
»ter er ſcheute, ohne ſie zu kennen! Aber Ort, Zeit,
»die ganze Erſcheinung des fremden verführeriſchen
»Weſens iſt ſo geheimnißvoll, daß ein ſeltſamer Zau¬
»ber ſichtbarlich einzugreifen ſcheint und nicht lange
»dauert es, ſo zeigt ein kleines, winziges, ſonſt ver¬
»achtetes Thier, Wiſſenſchaft, Verſtand ja eine wun¬
»derbare magiſche Kraft. Und dieſes Thier ſpricht
»von Dingen, die allen gewöhnlichen Begriffen un¬
»erfaßlich ſind, auf eine Weiſe, als ſey das Alles nur
»das tauſendmal wiederholte Geſtern und Heute des
»gemeinen Lebens hinter der Bratenſchüſſel und der
»Weinflaſche.

»Bin ich dem Schwungrad zu nahe gekommen,
»das finſtre unbekannte Mächte treiben, und hat
»es mich erfaßt in ſeinen Schwingungen? Sollte
»man nicht glauben, man müſſe über derlei Dinge,
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[162/0167] »In der That,» ſprach Peregrinus zu ſich ſelbſt, »ein fantaſtiſcher Mährchenſchreiber könnte nicht tol¬ »lere, verwirrtere Begebenheiten erſinnen, als ich »ſie in dem geringen Zeitraum von wenigen Tagen »wirklich erlebt habe. — Die Anmuth, das Entzük¬ »ken, die Liebe ſelbſt kommt dem einſiedleriſchen My¬ »ſogin entgegen und ein Blick, ein Wort reicht hin, »Flammen in ſeiner Bruſt anzufachen, deren Mar¬ »ter er ſcheute, ohne ſie zu kennen! Aber Ort, Zeit, »die ganze Erſcheinung des fremden verführeriſchen »Weſens iſt ſo geheimnißvoll, daß ein ſeltſamer Zau¬ »ber ſichtbarlich einzugreifen ſcheint und nicht lange »dauert es, ſo zeigt ein kleines, winziges, ſonſt ver¬ »achtetes Thier, Wiſſenſchaft, Verſtand ja eine wun¬ »derbare magiſche Kraft. Und dieſes Thier ſpricht »von Dingen, die allen gewöhnlichen Begriffen un¬ »erfaßlich ſind, auf eine Weiſe, als ſey das Alles nur »das tauſendmal wiederholte Geſtern und Heute des »gemeinen Lebens hinter der Bratenſchüſſel und der »Weinflaſche. »Bin ich dem Schwungrad zu nahe gekommen, »das finſtre unbekannte Mächte treiben, und hat »es mich erfaßt in ſeinen Schwingungen? Sollte »man nicht glauben, man müſſe über derlei Dinge, »wenn ſie das Leben durchſchneiden, den Verſtand

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/167>, abgerufen am 27.11.2024.