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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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er denn so ächzte, wie es die Alte vernommen. Zu¬
letzt, als Pepusch so dünn geworden wie ein Distel¬
stengel, versuchten sie ihn durch das Schlüsselloch zu
drücken. Der arme Pepusch hing schon mit dem hal¬
ben Leibe heraus auf den Flur, als die Alte entsetzt
von dannen floh. Bald darauf vernahm die Alte ein
lautes schallendes Gelächter und gewahrte, wie Pe¬
pusch in seiner natürlichen Gestalt, von den beiden
Magiern ganz friedlich zum Hause hinausgeführt wurde.
In der Thüre des Zimmers stand die schöne Dörtje
und winkte die Alte hinein. Sie wollte sich putzen
und hatte dabei die Hülfe der Alten nöthig.

Die Alte konnte gar nicht genug von der großen
Menge Kleider reden, die die Kleine aus allerlei al¬
ten Schränken herbeigeholt und ihr gezeigt und von
denen eins immer reicher und prächtiger gewesen als
das andere. Dann versicherte die Alte auch, daß wohl
nur eine Indische Prinzessin solch Geschmeide besitzen
könne, als die Kleine, die Augen thäten ihr noch
weh von dem blendenden Gefunkel.

Die Alte erzählte weiter, wie sie mit dem lieben
Zuckerkinde, während des Ankleidens dieß und jenes
gesprochen, wie sie an den seligen Herrn Tyß, an
das schöne Leben, das sonst im Hause geführt wor¬

er denn ſo ächzte, wie es die Alte vernommen. Zu¬
letzt, als Pepuſch ſo dünn geworden wie ein Diſtel¬
ſtengel, verſuchten ſie ihn durch das Schlüſſelloch zu
drücken. Der arme Pepuſch hing ſchon mit dem hal¬
ben Leibe heraus auf den Flur, als die Alte entſetzt
von dannen floh. Bald darauf vernahm die Alte ein
lautes ſchallendes Gelächter und gewahrte, wie Pe¬
puſch in ſeiner natürlichen Geſtalt, von den beiden
Magiern ganz friedlich zum Hauſe hinausgeführt wurde.
In der Thüre des Zimmers ſtand die ſchöne Dörtje
und winkte die Alte hinein. Sie wollte ſich putzen
und hatte dabei die Hülfe der Alten nöthig.

Die Alte konnte gar nicht genug von der großen
Menge Kleider reden, die die Kleine aus allerlei al¬
ten Schränken herbeigeholt und ihr gezeigt und von
denen eins immer reicher und prächtiger geweſen als
das andere. Dann verſicherte die Alte auch, daß wohl
nur eine Indiſche Prinzeſſin ſolch Geſchmeide beſitzen
könne, als die Kleine, die Augen thäten ihr noch
weh von dem blendenden Gefunkel.

Die Alte erzählte weiter, wie ſie mit dem lieben
Zuckerkinde, während des Ankleidens dieß und jenes
geſprochen, wie ſie an den ſeligen Herrn Tyß, an
das ſchöne Leben, das ſonſt im Hauſe geführt wor¬

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[156/0161] er denn ſo ächzte, wie es die Alte vernommen. Zu¬ letzt, als Pepuſch ſo dünn geworden wie ein Diſtel¬ ſtengel, verſuchten ſie ihn durch das Schlüſſelloch zu drücken. Der arme Pepuſch hing ſchon mit dem hal¬ ben Leibe heraus auf den Flur, als die Alte entſetzt von dannen floh. Bald darauf vernahm die Alte ein lautes ſchallendes Gelächter und gewahrte, wie Pe¬ puſch in ſeiner natürlichen Geſtalt, von den beiden Magiern ganz friedlich zum Hauſe hinausgeführt wurde. In der Thüre des Zimmers ſtand die ſchöne Dörtje und winkte die Alte hinein. Sie wollte ſich putzen und hatte dabei die Hülfe der Alten nöthig. Die Alte konnte gar nicht genug von der großen Menge Kleider reden, die die Kleine aus allerlei al¬ ten Schränken herbeigeholt und ihr gezeigt und von denen eins immer reicher und prächtiger geweſen als das andere. Dann verſicherte die Alte auch, daß wohl nur eine Indiſche Prinzeſſin ſolch Geſchmeide beſitzen könne, als die Kleine, die Augen thäten ihr noch weh von dem blendenden Gefunkel. Die Alte erzählte weiter, wie ſie mit dem lieben Zuckerkinde, während des Ankleidens dieß und jenes geſprochen, wie ſie an den ſeligen Herrn Tyß, an das ſchöne Leben, das ſonſt im Hauſe geführt wor¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/161>, abgerufen am 23.11.2024.