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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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schien aber ganz vergebliche Mühe zu seyn, denn keine
einzige der Damen, denen sich Peregrinus ohne alle
Scheu mit voller Unbefangenheit näherte, kam ihm
so gar hübsch und anmuthig vor, als seine kleine Prin¬
zessin. Weshalb aber auch nun vollends seine Liebe
zur Kleinen festhielt, war, daß bei keiner er Worte
und Gedanken so zu seinen Gunsten übereinstimmend
fand, als bei ihr. Er glaubte sie nimmermehr lassen
zu können und erklärte dieß unverholen. Meister Floh
ängstigte sich nicht wenig.

Peregrinus bemerkte eines Tages, daß die alte
Aline schalkisch vor sich hinlächelte, öfter als sonst
Taback schnupfte, sich räusperte, undeutliches Zeug
murmelte, kurz in ihrem ganzen Wesen that, wie
Jemand, der etwas auf dem Herzen hat und es gern
los seyn möchte. Dabei erwiederte sie auf Alles:
Ja! -- man kann das nicht wissen, man muß das
abwarten! -- mochten nun diese Redensarten passen
oder nicht. "Sage," rief Peregrinus endlich voll Un¬
geduld, "sage Sie es nur lieber gleich heraus, Aline,
"was es wieder gibt, ohne so um mich herumzuschlei¬
"chen mit geheimnißvollen Mienen."

"Ach," rief die Alte, indem sie die dürren Fäu¬
ste zusammenschlug, "ach, das herzige allerliebste
"Zuckerpüppchen, das zarte liebe Ding!"

ſchien aber ganz vergebliche Mühe zu ſeyn, denn keine
einzige der Damen, denen ſich Peregrinus ohne alle
Scheu mit voller Unbefangenheit näherte, kam ihm
ſo gar hübſch und anmuthig vor, als ſeine kleine Prin¬
zeſſin. Weshalb aber auch nun vollends ſeine Liebe
zur Kleinen feſthielt, war, daß bei keiner er Worte
und Gedanken ſo zu ſeinen Gunſten übereinſtimmend
fand, als bei ihr. Er glaubte ſie nimmermehr laſſen
zu können und erklärte dieß unverholen. Meiſter Floh
ängſtigte ſich nicht wenig.

Peregrinus bemerkte eines Tages, daß die alte
Aline ſchalkiſch vor ſich hinlächelte, öfter als ſonſt
Taback ſchnupfte, ſich räuſperte, undeutliches Zeug
murmelte, kurz in ihrem ganzen Weſen that, wie
Jemand, der etwas auf dem Herzen hat und es gern
los ſeyn möchte. Dabei erwiederte ſie auf Alles:
Ja! — man kann das nicht wiſſen, man muß das
abwarten! — mochten nun dieſe Redensarten paſſen
oder nicht. »Sage,» rief Peregrinus endlich voll Un¬
geduld, »ſage Sie es nur lieber gleich heraus, Aline,
»was es wieder gibt, ohne ſo um mich herumzuſchlei¬
»chen mit geheimnißvollen Mienen.»

»Ach,» rief die Alte, indem ſie die dürren Fäu¬
ſte zuſammenſchlug, »ach, das herzige allerliebſte
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[153/0158] ſchien aber ganz vergebliche Mühe zu ſeyn, denn keine einzige der Damen, denen ſich Peregrinus ohne alle Scheu mit voller Unbefangenheit näherte, kam ihm ſo gar hübſch und anmuthig vor, als ſeine kleine Prin¬ zeſſin. Weshalb aber auch nun vollends ſeine Liebe zur Kleinen feſthielt, war, daß bei keiner er Worte und Gedanken ſo zu ſeinen Gunſten übereinſtimmend fand, als bei ihr. Er glaubte ſie nimmermehr laſſen zu können und erklärte dieß unverholen. Meiſter Floh ängſtigte ſich nicht wenig. Peregrinus bemerkte eines Tages, daß die alte Aline ſchalkiſch vor ſich hinlächelte, öfter als ſonſt Taback ſchnupfte, ſich räuſperte, undeutliches Zeug murmelte, kurz in ihrem ganzen Weſen that, wie Jemand, der etwas auf dem Herzen hat und es gern los ſeyn möchte. Dabei erwiederte ſie auf Alles: Ja! — man kann das nicht wiſſen, man muß das abwarten! — mochten nun dieſe Redensarten paſſen oder nicht. »Sage,» rief Peregrinus endlich voll Un¬ geduld, »ſage Sie es nur lieber gleich heraus, Aline, »was es wieder gibt, ohne ſo um mich herumzuſchlei¬ »chen mit geheimnißvollen Mienen.» »Ach,» rief die Alte, indem ſie die dürren Fäu¬ ſte zuſammenſchlug, »ach, das herzige allerliebſte »Zuckerpüppchen, das zarte liebe Ding!»

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/158>, abgerufen am 23.11.2024.