greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬ geschmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn er in unser Haus kommt, verliebt er sich in mich, denn ich bin das schönste Mädchen in ganz Frankfurt. Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menschen hei¬ rathen will, damit ich bis eilf Uhr schlafen und theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬ ner. -- Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den Peregrinus erblickte, den Wagen halten und schrie zum Schlage heraus: Guten Morgen, bester Tyß! Sie sehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte Sie bei guter Gesundheit! Aber wenn Ihnen was zustoßen sollte, so denken Sie an mich, an den al¬ ten Freund Ihres seeligen Herrn Vaters. -- Solchen kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube, der Mensch ist aus purem Geitz beständig gesund? Aber er sieht mir so blaß, so verstört aus, er scheint mir endlich was am Halse zu haben. Nun! kommt er mir unter die Hände, so soll er nicht wieder so bald vom Lager aufstehen, er soll tüchtig büßen für seine hartnäckige Gesundheit.
Seyn Sie schönstens gegrüßt, Wohledler! rief ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; sehen Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen
greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬ geſchmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn er in unſer Haus kommt, verliebt er ſich in mich, denn ich bin das ſchönſte Mädchen in ganz Frankfurt. Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menſchen hei¬ rathen will, damit ich bis eilf Uhr ſchlafen und theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬ ner. — Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den Peregrinus erblickte, den Wagen halten und ſchrie zum Schlage heraus: Guten Morgen, beſter Tyß! Sie ſehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte Sie bei guter Geſundheit! Aber wenn Ihnen was zuſtoßen ſollte, ſo denken Sie an mich, an den al¬ ten Freund Ihres ſeeligen Herrn Vaters. — Solchen kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube, der Menſch iſt aus purem Geitz beſtändig geſund? Aber er ſieht mir ſo blaß, ſo verſtört aus, er ſcheint mir endlich was am Halſe zu haben. Nun! kommt er mir unter die Hände, ſo ſoll er nicht wieder ſo bald vom Lager aufſtehen, er ſoll tüchtig büßen für ſeine hartnäckige Geſundheit.
Seyn Sie ſchönſtens gegrüßt, Wohledler! rief ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; ſehen Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0138"n="133"/>
greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬<lb/>
geſchmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn<lb/>
er in unſer Haus kommt, verliebt er ſich in mich,<lb/>
denn ich bin das ſchönſte Mädchen in ganz Frankfurt.<lb/>
Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menſchen hei¬<lb/>
rathen will, damit ich bis eilf Uhr ſchlafen und<lb/>
theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬<lb/>
ner. — Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den<lb/>
Peregrinus erblickte, den Wagen halten und ſchrie<lb/>
zum Schlage heraus: Guten Morgen, beſter Tyß!<lb/>
Sie ſehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte<lb/>
Sie bei guter Geſundheit! Aber wenn Ihnen was<lb/>
zuſtoßen ſollte, ſo denken Sie an mich, an den al¬<lb/>
ten Freund Ihres ſeeligen Herrn Vaters. — Solchen<lb/>
kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger<lb/>
Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube,<lb/>
der Menſch iſt aus purem Geitz beſtändig geſund?<lb/>
Aber er ſieht mir ſo blaß, ſo verſtört aus, er ſcheint<lb/>
mir endlich was am Halſe zu haben. Nun! kommt<lb/>
er mir unter die Hände, ſo ſoll er nicht wieder ſo<lb/>
bald vom Lager aufſtehen, er ſoll tüchtig büßen für<lb/>ſeine hartnäckige Geſundheit.</p><lb/><p>Seyn Sie ſchönſtens gegrüßt, Wohledler! rief<lb/>
ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; ſehen<lb/>
Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[133/0138]
greife nicht, warum ihn die Mutter albern und ab¬
geſchmackt nennt und ihn nicht leiden mag. Wenn
er in unſer Haus kommt, verliebt er ſich in mich,
denn ich bin das ſchönſte Mädchen in ganz Frankfurt.
Ich nehme ihn, weil ich einen reichen Menſchen hei¬
rathen will, damit ich bis eilf Uhr ſchlafen und
theurere Shawls tragen darf, als die Frau von Cars¬
ner. — Ein vorüberfahrender Arzt ließ, als er den
Peregrinus erblickte, den Wagen halten und ſchrie
zum Schlage heraus: Guten Morgen, beſter Tyß!
Sie ſehen aus, wie das Leben! der Himmel erhalte
Sie bei guter Geſundheit! Aber wenn Ihnen was
zuſtoßen ſollte, ſo denken Sie an mich, an den al¬
ten Freund Ihres ſeeligen Herrn Vaters. — Solchen
kräftigen Naturen helfe ich auf die Beine in weniger
Zeit! Adieu! Die Gedanken lauteten: Ich glaube,
der Menſch iſt aus purem Geitz beſtändig geſund?
Aber er ſieht mir ſo blaß, ſo verſtört aus, er ſcheint
mir endlich was am Halſe zu haben. Nun! kommt
er mir unter die Hände, ſo ſoll er nicht wieder ſo
bald vom Lager aufſtehen, er ſoll tüchtig büßen für
ſeine hartnäckige Geſundheit.
Seyn Sie ſchönſtens gegrüßt, Wohledler! rief
ihm gleich darauf ein alter Kaufmann entgegen; ſehen
Sie, wie ich laufe und renne, wie ich mich plagen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/138>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.