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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Die Gedanken lauteten: Ich wollte daß dich der
schwarzgefiederte Satan verschlinge, du verdammter
Kerl! --

Meister Floh nahm dem ganz in Erstaunen ver¬
sunkenen Peregrinus das mikroskopische Glas aus der
Pupille und sprach dann: "Ihr habt nun, lieber Herr
"Peregrinus, die wunderbare Wirkung des Instru¬
"ments, das wohl in der ganzen Welt seines Glei¬
"chen nicht findet, erkannt, und werdet einsehen,
"welche Uebermacht es Euch über die Menschen gibt,
"wenn Euch ihre innersten Gedanken offen vor Augen
"liegen. Trüget Ihr aber beständig dieß Glas im
"Auge, so würde Euch die stete Erkenntniß der Ge¬
"danken zuletzt zu Boden drücken, denn nur zu oft
"wiederholte sich die bittre Kränkung, die Ihr so eben
"erfahren habt. Stets werde ich, wenn Ihr Euer
"Haus verlasset, bei Euch seyn, entweder in der Hals¬
"binde, im Jabbot, oder sonst an einem schicklichen
"bequemen Orte sitzen. Wollt Ihr nun die Gedan¬
"ken dessen wissen, der mit Euch spricht, so dürft
"Ihr nur mit dem Daumen schnippen und augen¬
"blicklich habt Ihr das Glas im Auge."

Herr Peregrinus Tyß, den unübersehbaren Nuz¬
zen dieser Gabe begreifend, wollte sich eben in die
heißesten Danksagungen ergießen, als zwei Abgeord¬

Die Gedanken lauteten: Ich wollte daß dich der
ſchwarzgefiederte Satan verſchlinge, du verdammter
Kerl! —

Meiſter Floh nahm dem ganz in Erſtaunen ver¬
ſunkenen Peregrinus das mikroskopiſche Glas aus der
Pupille und ſprach dann: »Ihr habt nun, lieber Herr
»Peregrinus, die wunderbare Wirkung des Inſtru¬
»ments, das wohl in der ganzen Welt ſeines Glei¬
»chen nicht findet, erkannt, und werdet einſehen,
»welche Uebermacht es Euch über die Menſchen gibt,
»wenn Euch ihre innerſten Gedanken offen vor Augen
»liegen. Trüget Ihr aber beſtändig dieß Glas im
»Auge, ſo würde Euch die ſtete Erkenntniß der Ge¬
»danken zuletzt zu Boden drücken, denn nur zu oft
»wiederholte ſich die bittre Kränkung, die Ihr ſo eben
»erfahren habt. Stets werde ich, wenn Ihr Euer
»Haus verlaſſet, bei Euch ſeyn, entweder in der Hals¬
»binde, im Jabbot, oder ſonſt an einem ſchicklichen
»bequemen Orte ſitzen. Wollt Ihr nun die Gedan¬
»ken deſſen wiſſen, der mit Euch ſpricht, ſo dürft
»Ihr nur mit dem Daumen ſchnippen und augen¬
»blicklich habt Ihr das Glas im Auge.»

Herr Peregrinus Tyß, den unüberſehbaren Nuz¬
zen dieſer Gabe begreifend, wollte ſich eben in die
heißeſten Dankſagungen ergießen, als zwei Abgeord¬

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[120/0125] Die Gedanken lauteten: Ich wollte daß dich der ſchwarzgefiederte Satan verſchlinge, du verdammter Kerl! — Meiſter Floh nahm dem ganz in Erſtaunen ver¬ ſunkenen Peregrinus das mikroskopiſche Glas aus der Pupille und ſprach dann: »Ihr habt nun, lieber Herr »Peregrinus, die wunderbare Wirkung des Inſtru¬ »ments, das wohl in der ganzen Welt ſeines Glei¬ »chen nicht findet, erkannt, und werdet einſehen, »welche Uebermacht es Euch über die Menſchen gibt, »wenn Euch ihre innerſten Gedanken offen vor Augen »liegen. Trüget Ihr aber beſtändig dieß Glas im »Auge, ſo würde Euch die ſtete Erkenntniß der Ge¬ »danken zuletzt zu Boden drücken, denn nur zu oft »wiederholte ſich die bittre Kränkung, die Ihr ſo eben »erfahren habt. Stets werde ich, wenn Ihr Euer »Haus verlaſſet, bei Euch ſeyn, entweder in der Hals¬ »binde, im Jabbot, oder ſonſt an einem ſchicklichen »bequemen Orte ſitzen. Wollt Ihr nun die Gedan¬ »ken deſſen wiſſen, der mit Euch ſpricht, ſo dürft »Ihr nur mit dem Daumen ſchnippen und augen¬ »blicklich habt Ihr das Glas im Auge.» Herr Peregrinus Tyß, den unüberſehbaren Nuz¬ zen dieſer Gabe begreifend, wollte ſich eben in die heißeſten Dankſagungen ergießen, als zwei Abgeord¬

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/125>, abgerufen am 24.11.2024.