"mein lieber Peregrinus, mein süßer Freund, du wirst, "du kannst nicht grausam gegen mich seyn! -- Ich "werde dich wiedersehen und alles Glück des Himmels "genießen! -- Und unsern alten Herrn Swammer, "den hat die fremde Dame ganz umgekehrt. Habe "ich sonst außer dem Kronenthaler zu Weihnachten "auch nur einen einzigen Kreuzer von ihm erhalten? "Und diesen schönen blanken Carolin, den gab er "mir heute Morgen mit solcher freundlicher Miene, "wie er sie sonst gar nicht im Antlitz hat, als Douceur "im Voraus für die Dienste die ich der Dame leisten "werde. Da steckt was dahinter. Was gilts, Herr "Swammer spielt am Ende den Freiwerber bei Ihnen, "Herr Tyß! --" Wiederum sprach die Alte von der Liebenswürdigkeit und Anmuth der Dame mit be¬ geisterten Worten, die in dem Munde eines abgeleb¬ ten Weibes seltsam genug klangen, bis Peregrinus, ganz Feuer und Flamme, aufsprang und wie ra¬ send ausrief: Mag es gehen wie es will -- hinab, hinab, an's Schlüsselloch! -- Vergebens warnte Meister Floh, der in das Halstuch des verliebten Pe¬ regrinus gesprungen war und sich dort in den Schlupf¬ winkel einer Falte versteckt hatte. Peregrinus ver¬ nahm nicht seine Stimme und Meister Floh erfuhr, was er längst hätte wissen sollen, nämlich daß mit
»mein lieber Peregrinus, mein ſüßer Freund, du wirſt, »du kannſt nicht grauſam gegen mich ſeyn! — Ich »werde dich wiederſehen und alles Glück des Himmels »genießen! — Und unſern alten Herrn Swammer, »den hat die fremde Dame ganz umgekehrt. Habe »ich ſonſt außer dem Kronenthaler zu Weihnachten »auch nur einen einzigen Kreuzer von ihm erhalten? »Und dieſen ſchönen blanken Carolin, den gab er »mir heute Morgen mit ſolcher freundlicher Miene, »wie er ſie ſonſt gar nicht im Antlitz hat, als Douceur »im Voraus für die Dienſte die ich der Dame leiſten »werde. Da ſteckt was dahinter. Was gilts, Herr »Swammer ſpielt am Ende den Freiwerber bei Ihnen, »Herr Tyß! —» Wiederum ſprach die Alte von der Liebenswürdigkeit und Anmuth der Dame mit be¬ geiſterten Worten, die in dem Munde eines abgeleb¬ ten Weibes ſeltſam genug klangen, bis Peregrinus, ganz Feuer und Flamme, aufſprang und wie ra¬ ſend ausrief: Mag es gehen wie es will — hinab, hinab, an's Schlüſſelloch! — Vergebens warnte Meiſter Floh, der in das Halstuch des verliebten Pe¬ regrinus geſprungen war und ſich dort in den Schlupf¬ winkel einer Falte verſteckt hatte. Peregrinus ver¬ nahm nicht ſeine Stimme und Meiſter Floh erfuhr, was er längſt hätte wiſſen ſollen, nämlich daß mit
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»mein lieber Peregrinus, mein ſüßer Freund, du wirſt,
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»werde dich wiederſehen und alles Glück des Himmels
»genießen! — Und unſern alten Herrn Swammer,
»den hat die fremde Dame ganz umgekehrt. Habe
»ich ſonſt außer dem Kronenthaler zu Weihnachten
»auch nur einen einzigen Kreuzer von ihm erhalten?
»Und dieſen ſchönen blanken Carolin, den gab er
»mir heute Morgen mit ſolcher freundlicher Miene,
»wie er ſie ſonſt gar nicht im Antlitz hat, als Douceur
»im Voraus für die Dienſte die ich der Dame leiſten
»werde. Da ſteckt was dahinter. Was gilts, Herr
»Swammer ſpielt am Ende den Freiwerber bei Ihnen,
»Herr Tyß! —» Wiederum ſprach die Alte von der
Liebenswürdigkeit und Anmuth der Dame mit be¬
geiſterten Worten, die in dem Munde eines abgeleb¬
ten Weibes ſeltſam genug klangen, bis Peregrinus,
ganz Feuer und Flamme, aufſprang und wie ra¬
ſend ausrief: Mag es gehen wie es will — hinab,
hinab, an's Schlüſſelloch! — Vergebens warnte
Meiſter Floh, der in das Halstuch des verliebten Pe¬
regrinus geſprungen war und ſich dort in den Schlupf¬
winkel einer Falte verſteckt hatte. Peregrinus ver¬
nahm nicht ſeine Stimme und Meiſter Floh erfuhr,
was er längſt hätte wiſſen ſollen, nämlich daß mit
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/115>, abgerufen am 25.11.2024.
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