Endlich erklang das silberne Glöcklein, die Thüre des Zimmers wurde geöffnet und hinein stürzte Pere¬ grinus in ein ganzes Feuermeer von bunt flackernden Weihnachtslichtern. -- Ganz erstarrt blieb Peregri¬ nus vor dem Tische stehen, auf dem die schönsten Ga¬ ben in gar hübscher zierlicher Ordnung aufgestellt wa¬ ren, nur ein lautes -- Ach! drängte sich aus seiner Brust hervor. Noch nie hatte der Weihnachts-Baum solche reiche Früchte getragen, denn alles Zuckerwerk, wie es nur Namen haben mag und dazwischen man¬ che goldne Nuß, mancher goldne Apfel aus den Gär¬ ten der Hesperiden, hing an den Aesten, die sich beugten unter der süßen Last. Der Vorrath von dem auserlesensten Spielzeug, schönem bleiernen Mi¬ litair, eben solcher Jägerei, aufgeschlagenen Bilder¬ büchern u. s. w. ist gar nicht zu beschreiben. Noch wagte er es nicht, irgend etwas von dem ihm bescheerten Reich¬ thum zu berühren, er konnte sich nur mühen sein Staunen zu besiegen, den Gedanken des Glücks zu erfassen, daß das alles nun wirklich sein sey.
"O meine lieben Eltern! -- o meine gute Aline!" So rief Peregrinus im Gefühl des höchsten Entzük¬ kens. "Nun," erwiederte Aline, "hab ich's so recht "gemacht Peregrinchen? -- Freuest du dich auch "recht von Herzen mein Kind? -- Willst du nicht
Endlich erklang das ſilberne Glöcklein, die Thüre des Zimmers wurde geöffnet und hinein ſtürzte Pere¬ grinus in ein ganzes Feuermeer von bunt flackernden Weihnachtslichtern. — Ganz erſtarrt blieb Peregri¬ nus vor dem Tiſche ſtehen, auf dem die ſchönſten Ga¬ ben in gar hübſcher zierlicher Ordnung aufgeſtellt wa¬ ren, nur ein lautes — Ach! drängte ſich aus ſeiner Bruſt hervor. Noch nie hatte der Weihnachts-Baum ſolche reiche Früchte getragen, denn alles Zuckerwerk, wie es nur Namen haben mag und dazwiſchen man¬ che goldne Nuß, mancher goldne Apfel aus den Gär¬ ten der Hesperiden, hing an den Aeſten, die ſich beugten unter der ſüßen Laſt. Der Vorrath von dem auserleſenſten Spielzeug, ſchönem bleiernen Mi¬ litair, eben ſolcher Jägerei, aufgeſchlagenen Bilder¬ büchern u. ſ. w. iſt gar nicht zu beſchreiben. Noch wagte er es nicht, irgend etwas von dem ihm beſcheerten Reich¬ thum zu berühren, er konnte ſich nur mühen ſein Staunen zu beſiegen, den Gedanken des Glücks zu erfaſſen, daß das alles nun wirklich ſein ſey.
»O meine lieben Eltern! — o meine gute Aline!» So rief Peregrinus im Gefühl des höchſten Entzük¬ kens. »Nun,» erwiederte Aline, »hab ich's ſo recht »gemacht Peregrinchen? — Freueſt du dich auch »recht von Herzen mein Kind? — Willſt du nicht
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Endlich erklang das ſilberne Glöcklein, die Thüre
des Zimmers wurde geöffnet und hinein ſtürzte Pere¬
grinus in ein ganzes Feuermeer von bunt flackernden
Weihnachtslichtern. — Ganz erſtarrt blieb Peregri¬
nus vor dem Tiſche ſtehen, auf dem die ſchönſten Ga¬
ben in gar hübſcher zierlicher Ordnung aufgeſtellt wa¬
ren, nur ein lautes — Ach! drängte ſich aus ſeiner
Bruſt hervor. Noch nie hatte der Weihnachts-Baum
ſolche reiche Früchte getragen, denn alles Zuckerwerk,
wie es nur Namen haben mag und dazwiſchen man¬
che goldne Nuß, mancher goldne Apfel aus den Gär¬
ten der Hesperiden, hing an den Aeſten, die ſich
beugten unter der ſüßen Laſt. Der Vorrath von
dem auserleſenſten Spielzeug, ſchönem bleiernen Mi¬
litair, eben ſolcher Jägerei, aufgeſchlagenen Bilder¬
büchern u. ſ. w. iſt gar nicht zu beſchreiben. Noch wagte
er es nicht, irgend etwas von dem ihm beſcheerten Reich¬
thum zu berühren, er konnte ſich nur mühen ſein
Staunen zu beſiegen, den Gedanken des Glücks zu
erfaſſen, daß das alles nun wirklich ſein ſey.
»O meine lieben Eltern! — o meine gute Aline!»
So rief Peregrinus im Gefühl des höchſten Entzük¬
kens. »Nun,» erwiederte Aline, »hab ich's ſo recht
»gemacht Peregrinchen? — Freueſt du dich auch
»recht von Herzen mein Kind? — Willſt du nicht
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/10>, abgerufen am 22.01.2025.
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