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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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ze der Vögel, in das fröhliche Sumsen und
Schwirren bunter Insekten.

Ja! -- ein schwerer Traum dünkte mir,
nicht nur die letzt vergangene Zeit, sondern
mein ganzes Leben, seitdem ich das Kloster
verlassen, als ich mich in einem von dunk¬
len Platanen beschatteten Gange befand. --
Ich war im Garten der Capuziner zu B.
Aus dem fernen Gebüsch ragte schon das
hohe Kreuz hervor, an dem ich sonst oft
mit tiefer Inbrunst flehte, um Kraft, aller
Versuchung zu widerstehen. -- Das Kreuz
schien mir nun das Ziel zu seyn, wo ich
hinwallen müsse, um, in den Staub niederge¬
worfen, zu bereuen und zu büßen den Fre¬
vel sündhafter Träume, die mir der Satan
vorgegaukelt; und ich schritt fort mit gefal¬
teten emporgehobenen Händen, den Blick
nach dem Kreuz gerichtet. -- Stärker und
stärker zog der Luftstrom -- ich glaubte die
Hymnen der Brüder zu vernehmen, aber es
waren nur des Waldes wunderbare Klänge,

ze der Voͤgel, in das froͤhliche Sumſen und
Schwirren bunter Inſekten.

Ja! — ein ſchwerer Traum duͤnkte mir,
nicht nur die letzt vergangene Zeit, ſondern
mein ganzes Leben, ſeitdem ich das Kloſter
verlaſſen, als ich mich in einem von dunk¬
len Platanen beſchatteten Gange befand. —
Ich war im Garten der Capuziner zu B.
Aus dem fernen Gebuͤſch ragte ſchon das
hohe Kreuz hervor, an dem ich ſonſt oft
mit tiefer Inbrunſt flehte, um Kraft, aller
Verſuchung zu widerſtehen. — Das Kreuz
ſchien mir nun das Ziel zu ſeyn, wo ich
hinwallen muͤſſe, um, in den Staub niederge¬
worfen, zu bereuen und zu buͤßen den Fre¬
vel ſuͤndhafter Traͤume, die mir der Satan
vorgegaukelt; und ich ſchritt fort mit gefal¬
teten emporgehobenen Haͤnden, den Blick
nach dem Kreuz gerichtet. — Staͤrker und
ſtaͤrker zog der Luftſtrom — ich glaubte die
Hymnen der Bruͤder zu vernehmen, aber es
waren nur des Waldes wunderbare Klaͤnge,

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[85/0093] ze der Voͤgel, in das froͤhliche Sumſen und Schwirren bunter Inſekten. Ja! — ein ſchwerer Traum duͤnkte mir, nicht nur die letzt vergangene Zeit, ſondern mein ganzes Leben, ſeitdem ich das Kloſter verlaſſen, als ich mich in einem von dunk¬ len Platanen beſchatteten Gange befand. — Ich war im Garten der Capuziner zu B. Aus dem fernen Gebuͤſch ragte ſchon das hohe Kreuz hervor, an dem ich ſonſt oft mit tiefer Inbrunſt flehte, um Kraft, aller Verſuchung zu widerſtehen. — Das Kreuz ſchien mir nun das Ziel zu ſeyn, wo ich hinwallen muͤſſe, um, in den Staub niederge¬ worfen, zu bereuen und zu buͤßen den Fre¬ vel ſuͤndhafter Traͤume, die mir der Satan vorgegaukelt; und ich ſchritt fort mit gefal¬ teten emporgehobenen Haͤnden, den Blick nach dem Kreuz gerichtet. — Staͤrker und ſtaͤrker zog der Luftſtrom — ich glaubte die Hymnen der Bruͤder zu vernehmen, aber es waren nur des Waldes wunderbare Klaͤnge,

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/93>, abgerufen am 12.12.2024.