ich trat ihm nahe, es war kein Fantom, ich berührte sein Kleid; ich kniete unwillkührlich nieder, er legte die Hand auf mein Haupt, wie mich seegnend. Da gingen in lichten Farben herrliche Gebilde in mir auf. -- Ach! ich war in dem heiligen Walde! -- ja es war derselbe Platz, wo, in früher Kindheit, der fremdartig gekleidete Pilger mir den wun¬ derbaren Knaben brachte. Ich wollte fort¬ schreiten, ich wollte hinein in die Kirche, die ich dicht vor mir erblickte. Dort sollte ich (so war es mir) büßend und bereuend Ab¬ laß erhalten von schwerer Sünde. Aber ich blieb regungslos -- mein eignes Ich konnte ich nicht erschauen, nicht erfassen. Da sprach eine dumpfe, hohle Stimme: der Gedanke ist die That! -- Die Träume ver¬ schwebten; es war der Maler, der jene Wor¬ te gesprochen. "Unbegreifliches Wesen, warst "Du es denn selbst? an jenem unglücklichen "Morgen in der Capuzinerkirche zu B.? in "der Reichsstadt, und nun?" -- Halt ein, un¬
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ich trat ihm nahe, es war kein Fantom, ich beruͤhrte ſein Kleid; ich kniete unwillkuͤhrlich nieder, er legte die Hand auf mein Haupt, wie mich ſeegnend. Da gingen in lichten Farben herrliche Gebilde in mir auf. — Ach! ich war in dem heiligen Walde! — ja es war derſelbe Platz, wo, in fruͤher Kindheit, der fremdartig gekleidete Pilger mir den wun¬ derbaren Knaben brachte. Ich wollte fort¬ ſchreiten, ich wollte hinein in die Kirche, die ich dicht vor mir erblickte. Dort ſollte ich (ſo war es mir) buͤßend und bereuend Ab¬ laß erhalten von ſchwerer Suͤnde. Aber ich blieb regungslos — mein eignes Ich konnte ich nicht erſchauen, nicht erfaſſen. Da ſprach eine dumpfe, hohle Stimme: der Gedanke iſt die That! — Die Traͤume ver¬ ſchwebten; es war der Maler, der jene Wor¬ te geſprochen. „Unbegreifliches Weſen, warſt „Du es denn ſelbſt? an jenem ungluͤcklichen „Morgen in der Capuzinerkirche zu B.? in „der Reichsſtadt, und nun?“ — Halt ein, un¬
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ich trat ihm nahe, es war kein Fantom, ich
beruͤhrte ſein Kleid; ich kniete unwillkuͤhrlich
nieder, er legte die Hand auf mein Haupt,
wie mich ſeegnend. Da gingen in lichten
Farben herrliche Gebilde in mir auf. — Ach!
ich war in dem heiligen Walde! — ja es war
derſelbe Platz, wo, in fruͤher Kindheit, der
fremdartig gekleidete Pilger mir den wun¬
derbaren Knaben brachte. Ich wollte fort¬
ſchreiten, ich wollte hinein in die Kirche, die
ich dicht vor mir erblickte. Dort ſollte ich
(ſo war es mir) buͤßend und bereuend Ab¬
laß erhalten von ſchwerer Suͤnde. Aber
ich blieb regungslos — mein eignes Ich
konnte ich nicht erſchauen, nicht erfaſſen.
Da ſprach eine dumpfe, hohle Stimme:
der Gedanke iſt die That! — Die Traͤume ver¬
ſchwebten; es war der Maler, der jene Wor¬
te geſprochen. „Unbegreifliches Weſen, warſt
„Du es denn ſelbſt? an jenem ungluͤcklichen
„Morgen in der Capuzinerkirche zu B.? in
„der Reichsſtadt, und nun?“ — Halt ein, un¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/72>, abgerufen am 30.11.2024.
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