er den Tisch, den ihm sein Knecht nachtrug, deckte, und die Kette, die mich an die Wand fesselte, losschloß. Ich bat ihn, dem Richter zu sagen, daß ich vernommen zu werden wünsche, weil ich vieles zu eröffnen hätte was mir schwer auf dem Herzen liege. Er versprach, meinen Auftrag auszurichten, in¬ dessen wartete ich vergebens, daß man mich zum Verhör abholen solle; Niemand ließ sich mehr sehen, bis der Knecht, als es schon ganz finster worden, hereintrat und die am Gewölbe hängende Lampe anzündete. In meinem Innern war es ruhiger als jemals, doch fühlte ich mich sehr erschöpft, und ver¬ sank bald in tiefen Schlaf. Da wurde ich in einen langen, düstern, gewölbten Saal ge¬ führt, in dem ich eine Reihe in schwarzen Talaren gekleideter Geistlicher erblickte, die der Wand entlang auf hohen Stühlen saßen. Vor ihnen, an einem mit blutrother Decke behangenen Tisch, saß der Richter, und neben ihm ein Dominikaner im Ordenshabit. "Du
er den Tiſch, den ihm ſein Knecht nachtrug, deckte, und die Kette, die mich an die Wand feſſelte, losſchloß. Ich bat ihn, dem Richter zu ſagen, daß ich vernommen zu werden wuͤnſche, weil ich vieles zu eroͤffnen haͤtte was mir ſchwer auf dem Herzen liege. Er verſprach, meinen Auftrag auszurichten, in¬ deſſen wartete ich vergebens, daß man mich zum Verhoͤr abholen ſolle; Niemand ließ ſich mehr ſehen, bis der Knecht, als es ſchon ganz finſter worden, hereintrat und die am Gewoͤlbe haͤngende Lampe anzuͤndete. In meinem Innern war es ruhiger als jemals, doch fuͤhlte ich mich ſehr erſchoͤpft, und ver¬ ſank bald in tiefen Schlaf. Da wurde ich in einen langen, duͤſtern, gewoͤlbten Saal ge¬ fuͤhrt, in dem ich eine Reihe in ſchwarzen Talaren gekleideter Geiſtlicher erblickte, die der Wand entlang auf hohen Stuͤhlen ſaßen. Vor ihnen, an einem mit blutrother Decke behangenen Tiſch, ſaß der Richter, und neben ihm ein Dominikaner im Ordenshabit. „Du
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deckte, und die Kette, die mich an die Wand
feſſelte, losſchloß. Ich bat ihn, dem Richter
zu ſagen, daß ich vernommen zu werden
wuͤnſche, weil ich vieles zu eroͤffnen haͤtte
was mir ſchwer auf dem Herzen liege. Er
verſprach, meinen Auftrag auszurichten, in¬
deſſen wartete ich vergebens, daß man mich
zum Verhoͤr abholen ſolle; Niemand ließ ſich
mehr ſehen, bis der Knecht, als es ſchon
ganz finſter worden, hereintrat und die am
Gewoͤlbe haͤngende Lampe anzuͤndete. In
meinem Innern war es ruhiger als jemals,
doch fuͤhlte ich mich ſehr erſchoͤpft, und ver¬
ſank bald in tiefen Schlaf. Da wurde ich
in einen langen, duͤſtern, gewoͤlbten Saal ge¬
fuͤhrt, in dem ich eine Reihe in ſchwarzen
Talaren gekleideter Geiſtlicher erblickte, die
der Wand entlang auf hohen Stuͤhlen ſaßen.
Vor ihnen, an einem mit blutrother Decke
behangenen Tiſch, ſaß der Richter, und neben
ihm ein Dominikaner im Ordenshabit. „Du
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/67>, abgerufen am 29.11.2024.
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