Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

tend, Trost und Rettung von der Schmach
auf. Die unbegreifliche Art wie ich das Mes¬
ser erhalten, war mir ein Fingerzeig der
ewigen Macht, wie ich meine Verbrechen
büßen, wie ich im Tode Aurelien versöhnen
solle. Wie ein göttlicher Strahl im reinen
Feuer, durchglühte mich nun die Liebe zu Au¬
relien, jede sündliche Begierde war von
mir gewichen. Es war mir, als sähe ich
sie selbst, wie damals, als sie am Beichtstuhl
in der Kirche des Capuzinerklosters erschien.
"Wohl liebe ich Dich, Medardus, aber Du
"verstandest mich nicht! ... meine Liebe ist
"der Tod!" -- so umsäuselte und umflüsterte
mich Aureliens Stimme, und fest stand mein
Entschluß, dem Richter frei die merkwürdige
Geschichte meiner Verirrungen zu gestehen,
und dann mir den Tod zu geben.

Der Kerkermeister trat herein und brach¬
te mir bessere Speisen, als ich sonst zu er¬
halten pflegte, so wie eine Flasche Wein. --
"Vom Fürsten so befohlen," sprach er, indem

tend, Troſt und Rettung von der Schmach
auf. Die unbegreifliche Art wie ich das Meſ¬
ſer erhalten, war mir ein Fingerzeig der
ewigen Macht, wie ich meine Verbrechen
buͤßen, wie ich im Tode Aurelien verſoͤhnen
ſolle. Wie ein goͤttlicher Strahl im reinen
Feuer, durchgluͤhte mich nun die Liebe zu Au¬
relien, jede ſuͤndliche Begierde war von
mir gewichen. Es war mir, als ſaͤhe ich
ſie ſelbſt, wie damals, als ſie am Beichtſtuhl
in der Kirche des Capuzinerkloſters erſchien.
„Wohl liebe ich Dich, Medardus, aber Du
„verſtandeſt mich nicht! ... meine Liebe iſt
„der Tod!“ — ſo umſaͤuſelte und umfluͤſterte
mich Aureliens Stimme, und feſt ſtand mein
Entſchluß, dem Richter frei die merkwuͤrdige
Geſchichte meiner Verirrungen zu geſtehen,
und dann mir den Tod zu geben.

Der Kerkermeiſter trat herein und brach¬
te mir beſſere Speiſen, als ich ſonſt zu er¬
halten pflegte, ſo wie eine Flaſche Wein. —
„Vom Fuͤrſten ſo befohlen,“ ſprach er, indem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="58"/>
tend, Tro&#x017F;t und Rettung von der Schmach<lb/>
auf. Die unbegreifliche Art wie ich das Me&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;er erhalten, war mir ein Fingerzeig der<lb/>
ewigen Macht, wie ich meine Verbrechen<lb/>
bu&#x0364;ßen, wie ich im Tode Aurelien ver&#x017F;o&#x0364;hnen<lb/>
&#x017F;olle. Wie ein go&#x0364;ttlicher Strahl im reinen<lb/>
Feuer, durchglu&#x0364;hte mich nun die Liebe zu Au¬<lb/>
relien, jede &#x017F;u&#x0364;ndliche Begierde war von<lb/>
mir gewichen. Es war mir, als &#x017F;a&#x0364;he ich<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, wie damals, als &#x017F;ie am Beicht&#x017F;tuhl<lb/>
in der Kirche des Capuzinerklo&#x017F;ters er&#x017F;chien.<lb/>
&#x201E;Wohl liebe ich Dich, Medardus, aber Du<lb/>
&#x201E;ver&#x017F;tande&#x017F;t mich nicht! ... meine Liebe i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;der Tod!&#x201C; &#x2014; &#x017F;o um&#x017F;a&#x0364;u&#x017F;elte und umflu&#x0364;&#x017F;terte<lb/>
mich Aureliens Stimme, und fe&#x017F;t &#x017F;tand mein<lb/>
Ent&#x017F;chluß, dem Richter frei die merkwu&#x0364;rdige<lb/>
Ge&#x017F;chichte meiner Verirrungen zu ge&#x017F;tehen,<lb/>
und dann mir den Tod zu geben.</p><lb/>
            <p>Der Kerkermei&#x017F;ter trat herein und brach¬<lb/>
te mir be&#x017F;&#x017F;ere Spei&#x017F;en, als ich &#x017F;on&#x017F;t zu er¬<lb/>
halten pflegte, &#x017F;o wie eine Fla&#x017F;che Wein. &#x2014;<lb/>
&#x201E;Vom Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;o befohlen,&#x201C; &#x017F;prach er, indem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0066] tend, Troſt und Rettung von der Schmach auf. Die unbegreifliche Art wie ich das Meſ¬ ſer erhalten, war mir ein Fingerzeig der ewigen Macht, wie ich meine Verbrechen buͤßen, wie ich im Tode Aurelien verſoͤhnen ſolle. Wie ein goͤttlicher Strahl im reinen Feuer, durchgluͤhte mich nun die Liebe zu Au¬ relien, jede ſuͤndliche Begierde war von mir gewichen. Es war mir, als ſaͤhe ich ſie ſelbſt, wie damals, als ſie am Beichtſtuhl in der Kirche des Capuzinerkloſters erſchien. „Wohl liebe ich Dich, Medardus, aber Du „verſtandeſt mich nicht! ... meine Liebe iſt „der Tod!“ — ſo umſaͤuſelte und umfluͤſterte mich Aureliens Stimme, und feſt ſtand mein Entſchluß, dem Richter frei die merkwuͤrdige Geſchichte meiner Verirrungen zu geſtehen, und dann mir den Tod zu geben. Der Kerkermeiſter trat herein und brach¬ te mir beſſere Speiſen, als ich ſonſt zu er¬ halten pflegte, ſo wie eine Flaſche Wein. — „Vom Fuͤrſten ſo befohlen,“ ſprach er, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/66
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/66>, abgerufen am 29.11.2024.