Fußschellen wurde ich mittelst eines Ringes um den Leib und einer daran befestigten Ket¬ te an die Mauer gefesselt. "Nun wird es der Herr wohl bleiben lassen, an das Durch¬ brechen zu denken, sagte der Kerkermeister." -- "Was hat denn der Kerl eigentlich gethan?" frug ein Schmiedeknecht. "Ei, erwiederte der Kerkermeister: weißt du denn das nicht, Jost? ... die ganze Stadt ist ja davon voll. 's ist ein verfluchter Capuziner, der drei Menschen ermordet hat. Sie haben's schon ganz her¬ aus. In wenigen Tagen haben wir große Galla, da werden die Räder spielen." -- Ich hörte nichts mehr, denn aufs neue entschwan¬ den mir Sinn und Gedanken. Nur mühsam erholte ich mich aus der Betäubung, finster blieb es, endlich brachen einige matte Streif¬ lichter des Tages herein in das niedrige, kaum sechs Fuß hohe Gewölbe, in das, wie ich jetzt zu meinem Entsetzen wahrnahm, man mich aus meinem vorigen Kerker ge¬ bracht hatte. Mich dürstete, ich griff nach
Fußſchellen wurde ich mittelſt eines Ringes um den Leib und einer daran befeſtigten Ket¬ te an die Mauer gefeſſelt. „Nun wird es der Herr wohl bleiben laſſen, an das Durch¬ brechen zu denken, ſagte der Kerkermeiſter.“ — „Was hat denn der Kerl eigentlich gethan?“ frug ein Schmiedeknecht. „Ei, erwiederte der Kerkermeiſter: weißt du denn das nicht, Joſt? ... die ganze Stadt iſt ja davon voll. 's iſt ein verfluchter Capuziner, der drei Menſchen ermordet hat. Sie haben's ſchon ganz her¬ aus. In wenigen Tagen haben wir große Galla, da werden die Raͤder ſpielen.“ — Ich hoͤrte nichts mehr, denn aufs neue entſchwan¬ den mir Sinn und Gedanken. Nur muͤhſam erholte ich mich aus der Betaͤubung, finſter blieb es, endlich brachen einige matte Streif¬ lichter des Tages herein in das niedrige, kaum ſechs Fuß hohe Gewoͤlbe, in das, wie ich jetzt zu meinem Entſetzen wahrnahm, man mich aus meinem vorigen Kerker ge¬ bracht hatte. Mich duͤrſtete, ich griff nach
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Fußſchellen wurde ich mittelſt eines Ringes
um den Leib und einer daran befeſtigten Ket¬
te an die Mauer gefeſſelt. „Nun wird es
der Herr wohl bleiben laſſen, an das Durch¬
brechen zu denken, ſagte der Kerkermeiſter.“ —
„Was hat denn der Kerl eigentlich gethan?“
frug ein Schmiedeknecht. „Ei, erwiederte der
Kerkermeiſter: weißt du denn das nicht, Joſt?
... die ganze Stadt iſt ja davon voll. 's iſt
ein verfluchter Capuziner, der drei Menſchen
ermordet hat. Sie haben's ſchon ganz her¬
aus. In wenigen Tagen haben wir große
Galla, da werden die Raͤder ſpielen.“ — Ich
hoͤrte nichts mehr, denn aufs neue entſchwan¬
den mir Sinn und Gedanken. Nur muͤhſam
erholte ich mich aus der Betaͤubung, finſter
blieb es, endlich brachen einige matte Streif¬
lichter des Tages herein in das niedrige,
kaum ſechs Fuß hohe Gewoͤlbe, in das, wie
ich jetzt zu meinem Entſetzen wahrnahm,
man mich aus meinem vorigen Kerker ge¬
bracht hatte. Mich duͤrſtete, ich griff nach
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/63>, abgerufen am 29.11.2024.
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