den; aufzuschreiben beschloß ich daher den Roman, der mich retten sollte! -- Man be¬ willigte mir die Schreibematerialien, die ich forderte, um schriftlich noch manchen ver¬ schwiegenen Umstand meines Lebens zu erör¬ tern. Ich arbeitete mit Anstrengung bis in die Nacht hinein; im Schreiben erhizte sich meine Fantasie, alles formte sich wie eine geründete Dichtung, und fester und fester spann sich das Gewebe endloser Lügen, wo¬ mit ich dem Richter die Wahrheit zu ver¬ schleiern hoffte.
Die Burgglocke hatte zwölfe geschlagen, als sich wieder leise und entfernt das Pochen vernehmen ließ, das mich gestern so verstört hatte. -- Ich wollte nicht darauf achten, aber immer lauter pochte es in abgemessenen Schlä¬ gen, und dabei fing es wieder an, dazwischen zu lachen und zu ächzen. -- Stark auf dem Tisch schlagend, rief ich laut: Still ihr da drunten! und glaubte mich so von dem Grau¬ en, das mich befing, zu ermuthigen; aber da
den; aufzuſchreiben beſchloß ich daher den Roman, der mich retten ſollte! — Man be¬ willigte mir die Schreibematerialien, die ich forderte, um ſchriftlich noch manchen ver¬ ſchwiegenen Umſtand meines Lebens zu eroͤr¬ tern. Ich arbeitete mit Anſtrengung bis in die Nacht hinein; im Schreiben erhizte ſich meine Fantaſie, alles formte ſich wie eine geruͤndete Dichtung, und feſter und feſter ſpann ſich das Gewebe endloſer Luͤgen, wo¬ mit ich dem Richter die Wahrheit zu ver¬ ſchleiern hoffte.
Die Burgglocke hatte zwoͤlfe geſchlagen, als ſich wieder leiſe und entfernt das Pochen vernehmen ließ, das mich geſtern ſo verſtoͤrt hatte. — Ich wollte nicht darauf achten, aber immer lauter pochte es in abgemeſſenen Schlaͤ¬ gen, und dabei fing es wieder an, dazwiſchen zu lachen und zu aͤchzen. — Stark auf dem Tiſch ſchlagend, rief ich laut: Still ihr da drunten! und glaubte mich ſo von dem Grau¬ en, das mich befing, zu ermuthigen; aber da
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den; aufzuſchreiben beſchloß ich daher den
Roman, der mich retten ſollte! — Man be¬
willigte mir die Schreibematerialien, die
ich forderte, um ſchriftlich noch manchen ver¬
ſchwiegenen Umſtand meines Lebens zu eroͤr¬
tern. Ich arbeitete mit Anſtrengung bis in
die Nacht hinein; im Schreiben erhizte ſich
meine Fantaſie, alles formte ſich wie eine
geruͤndete Dichtung, und feſter und feſter
ſpann ſich das Gewebe endloſer Luͤgen, wo¬
mit ich dem Richter die Wahrheit zu ver¬
ſchleiern hoffte.
Die Burgglocke hatte zwoͤlfe geſchlagen,
als ſich wieder leiſe und entfernt das Pochen
vernehmen ließ, das mich geſtern ſo verſtoͤrt
hatte. — Ich wollte nicht darauf achten, aber
immer lauter pochte es in abgemeſſenen Schlaͤ¬
gen, und dabei fing es wieder an, dazwiſchen
zu lachen und zu aͤchzen. — Stark auf dem
Tiſch ſchlagend, rief ich laut: Still ihr da
drunten! und glaubte mich ſo von dem Grau¬
en, das mich befing, zu ermuthigen; aber da
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/60>, abgerufen am 28.11.2024.
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