zip über alles schweben, und so wird je¬ ner Eindruck keine Spur hinterlassen." Ich that wie der Prior geboten. Ach! -- wohl geschah es so, wie er es ausgesprochen! -- Schmerz und Wonne, Grauen und Lust -- Entsetzen und Entzücken stürmten in meinem Innern, als ich mein Leben schrieb. -- Du, der Du einst diese Blätter liesest, ich sprach zu Dir von der Liebe höchster Sonnenzeit, als Aureliens Bild mir im regen Leben auf¬ ging! -- Es giebt höheres als irdische Lust, die meistens nur Verderben bereitet dem leichtsinnigen, blödsinnigen Menschen, und das ist jene höchste Sonnenzeit, wenn fern von dem Gedanken frevelicher Begier die Ge¬ liebte wie ein Himmelsstral, alles höhere, alles, was aus dem Reich der Liebe seegens¬ voll herabkommt auf den armen Menschen, in Deiner Brust entzündet. -- Dieser Ge¬ danke hat mich erquickt, wenn bei der Erin¬ nerung an die herrlichsten Momente, die mir die Welt gab, heiße Thränen den Augen entstürzten und alle längst verharrschte Wun¬ den aufs neue bluteten.
zip uͤber alles ſchweben, und ſo wird je¬ ner Eindruck keine Spur hinterlaſſen.“ Ich that wie der Prior geboten. Ach! — wohl geſchah es ſo, wie er es ausgeſprochen! — Schmerz und Wonne, Grauen und Luſt — Entſetzen und Entzuͤcken ſtuͤrmten in meinem Innern, als ich mein Leben ſchrieb. — Du, der Du einſt dieſe Blaͤtter lieſeſt, ich ſprach zu Dir von der Liebe hoͤchſter Sonnenzeit, als Aureliens Bild mir im regen Leben auf¬ ging! — Es giebt hoͤheres als irdiſche Luſt, die meiſtens nur Verderben bereitet dem leichtſinnigen, bloͤdſinnigen Menſchen, und das iſt jene hoͤchſte Sonnenzeit, wenn fern von dem Gedanken frevelicher Begier die Ge¬ liebte wie ein Himmelsſtral, alles hoͤhere, alles, was aus dem Reich der Liebe ſeegens¬ voll herabkommt auf den armen Menſchen, in Deiner Bruſt entzuͤndet. — Dieſer Ge¬ danke hat mich erquickt, wenn bei der Erin¬ nerung an die herrlichſten Momente, die mir die Welt gab, heiße Thraͤnen den Augen entſtuͤrzten und alle laͤngſt verharrſchte Wun¬ den aufs neue bluteten.
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zip uͤber alles ſchweben, und ſo wird je¬
ner Eindruck keine Spur hinterlaſſen.“ Ich
that wie der Prior geboten. Ach! — wohl
geſchah es ſo, wie er es ausgeſprochen! —
Schmerz und Wonne, Grauen und Luſt —
Entſetzen und Entzuͤcken ſtuͤrmten in meinem
Innern, als ich mein Leben ſchrieb. — Du,
der Du einſt dieſe Blaͤtter lieſeſt, ich ſprach
zu Dir von der Liebe hoͤchſter Sonnenzeit,
als Aureliens Bild mir im regen Leben auf¬
ging! — Es giebt hoͤheres als irdiſche Luſt,
die meiſtens nur Verderben bereitet dem
leichtſinnigen, bloͤdſinnigen Menſchen, und
das iſt jene hoͤchſte Sonnenzeit, wenn fern
von dem Gedanken frevelicher Begier die Ge¬
liebte wie ein Himmelsſtral, alles hoͤhere,
alles, was aus dem Reich der Liebe ſeegens¬
voll herabkommt auf den armen Menſchen,
in Deiner Bruſt entzuͤndet. — Dieſer Ge¬
danke hat mich erquickt, wenn bei der Erin¬
nerung an die herrlichſten Momente, die mir
die Welt gab, heiße Thraͤnen den Augen
entſtuͤrzten und alle laͤngſt verharrſchte Wun¬
den aufs neue bluteten.
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/376>, abgerufen am 27.11.2024.
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