sprach ich: -- heilige Jungfrau! Nur einen einzigen Augenblick senke Deinen Blick her¬ ab aus den hohen Regionen, sonst muß ich vergehen, in -- meine Seele, mein innerstes Gemüth zerrüttenden, verderbenden Zweifeln. -- Aurelie! verachtest Du den Frevler der, wie der böse Feind selbst, in Dein Leben trat? -- Ach! schwer hat er gebüßt -- aber er weiß es wohl, daß alle Buße seiner Sünden Maaß nicht mindert -- Aurelie! bist Du ver¬ söhnt im Tode?" -- Wie von Engelssitti¬ gen berührt, lächelte Aurelie und schloß die Augen. "O, -- Heiland der Welt -- heili¬ ge Jungfrau -- so bleibe ich zurück, ohne Trost der Verzweiflung hingegeben, O Ret¬ tung! -- Rettung von höllischem Verderben!" So betete ich inbrünstig, da schlug Aurelie noch einmal die Augen auf und sprach: "Me¬ dardus -- nachgegeben hast Du der bösen Macht! aber blieb ich denn rein von der Sünde, als ich irdisches Glück zu erlangen hoffte in meiner verbrecherischen Liebe? --
ſprach ich: — heilige Jungfrau! Nur einen einzigen Augenblick ſenke Deinen Blick her¬ ab aus den hohen Regionen, ſonſt muß ich vergehen, in — meine Seele, mein innerſtes Gemuͤth zerruͤttenden, verderbenden Zweifeln. — Aurelie! verachteſt Du den Frevler der, wie der boͤſe Feind ſelbſt, in Dein Leben trat? — Ach! ſchwer hat er gebuͤßt — aber er weiß es wohl, daß alle Buße ſeiner Suͤnden Maaß nicht mindert — Aurelie! biſt Du ver¬ ſoͤhnt im Tode?“ — Wie von Engelsſitti¬ gen beruͤhrt, laͤchelte Aurelie und ſchloß die Augen. „O, — Heiland der Welt — heili¬ ge Jungfrau — ſo bleibe ich zuruͤck, ohne Troſt der Verzweiflung hingegeben, O Ret¬ tung! — Rettung von hoͤlliſchem Verderben!“ So betete ich inbruͤnſtig, da ſchlug Aurelie noch einmal die Augen auf und ſprach: „Me¬ dardus — nachgegeben haſt Du der boͤſen Macht! aber blieb ich denn rein von der Suͤnde, als ich irdiſches Gluͤck zu erlangen hoffte in meiner verbrecheriſchen Liebe? —
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ſprach ich: — heilige Jungfrau! Nur einen
einzigen Augenblick ſenke Deinen Blick her¬
ab aus den hohen Regionen, ſonſt muß ich
vergehen, in — meine Seele, mein innerſtes
Gemuͤth zerruͤttenden, verderbenden Zweifeln.
— Aurelie! verachteſt Du den Frevler der,
wie der boͤſe Feind ſelbſt, in Dein Leben trat?
— Ach! ſchwer hat er gebuͤßt — aber er
weiß es wohl, daß alle Buße ſeiner Suͤnden
Maaß nicht mindert — Aurelie! biſt Du ver¬
ſoͤhnt im Tode?“ — Wie von Engelsſitti¬
gen beruͤhrt, laͤchelte Aurelie und ſchloß die
Augen. „O, — Heiland der Welt — heili¬
ge Jungfrau — ſo bleibe ich zuruͤck, ohne
Troſt der Verzweiflung hingegeben, O Ret¬
tung! — Rettung von hoͤlliſchem Verderben!“
So betete ich inbruͤnſtig, da ſchlug Aurelie
noch einmal die Augen auf und ſprach: „Me¬
dardus — nachgegeben haſt Du der boͤſen
Macht! aber blieb ich denn rein von der
Suͤnde, als ich irdiſches Gluͤck zu erlangen
hoffte in meiner verbrecheriſchen Liebe? —
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/363>, abgerufen am 24.11.2024.
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