Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

der Rasende auf, und sprang hinter den Hoch¬
altar, durch die Gitterthüre fort in die Klo¬
stergänge. Voll Entsetzen kreischten die Non¬
nen auf. -- "Mord -- Mord am Altar des
Herrn," schrie das Volk, nach dem Hochaltar
stürmend. "Besetzt die Ausgänge des Klo¬
sters, daß der Mörder nicht entkomme, rief
Leonardus mit lauter Stimme, und das
Volk stürzte hinaus und wer von den Mön¬
chen rüstig war, ergriff die im Winkel ste¬
henden Prozessionsstäbe und setzte dem Un¬
hold nach durch die Gänge des Klosters. Al¬
les war die That eines Augenblicks; bald
kniete ich neben Aurelien, die Nonnen hat¬
ten mit weißen Tüchern die Wunde, so gut
es gehen wollte, verbunden, und standen der
ohnmächtigen Aebtissin bei. Eine starke Stim¬
me sprach neben mir: Sancta Rosalia ora pro
nobis
, und alle die noch in der Kirche geblie¬
ben, riefen laut: "Ein Mirakel -- ein Mirakel
ja sie ist eine Märtyrin. -- Sancta Rosalia
ora pro nobis
-- Ich schaute auf. -- Der alte

Ma¬

der Raſende auf, und ſprang hinter den Hoch¬
altar, durch die Gitterthuͤre fort in die Klo¬
ſtergaͤnge. Voll Entſetzen kreiſchten die Non¬
nen auf. — „Mord — Mord am Altar des
Herrn,“ ſchrie das Volk, nach dem Hochaltar
ſtuͤrmend. „Beſetzt die Ausgaͤnge des Klo¬
ſters, daß der Moͤrder nicht entkomme, rief
Leonardus mit lauter Stimme, und das
Volk ſtuͤrzte hinaus und wer von den Moͤn¬
chen ruͤſtig war, ergriff die im Winkel ſte¬
henden Prozeſſionsſtaͤbe und ſetzte dem Un¬
hold nach durch die Gaͤnge des Kloſters. Al¬
les war die That eines Augenblicks; bald
kniete ich neben Aurelien, die Nonnen hat¬
ten mit weißen Tuͤchern die Wunde, ſo gut
es gehen wollte, verbunden, und ſtanden der
ohnmaͤchtigen Aebtiſſin bei. Eine ſtarke Stim¬
me ſprach neben mir: Sancta Rosalia ora pro
nobis
, und alle die noch in der Kirche geblie¬
ben, riefen laut: „Ein Mirakel — ein Mirakel
ja ſie iſt eine Maͤrtyrin. — Sancta Rosalia
ora pro nobis
— Ich ſchaute auf. — Der alte

Ma¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0360" n="352"/>
der Ra&#x017F;ende auf, und &#x017F;prang hinter den Hoch¬<lb/>
altar, durch die Gitterthu&#x0364;re fort in die Klo¬<lb/>
&#x017F;terga&#x0364;nge. Voll Ent&#x017F;etzen krei&#x017F;chten die Non¬<lb/>
nen auf. &#x2014; &#x201E;Mord &#x2014; Mord am Altar des<lb/>
Herrn,&#x201C; &#x017F;chrie das Volk, nach dem Hochaltar<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmend. &#x201E;Be&#x017F;etzt die Ausga&#x0364;nge des Klo¬<lb/>
&#x017F;ters, daß der Mo&#x0364;rder nicht entkomme, rief<lb/>
Leonardus mit lauter Stimme, und das<lb/>
Volk &#x017F;tu&#x0364;rzte hinaus und wer von den Mo&#x0364;<lb/>
chen ru&#x0364;&#x017F;tig war, ergriff die im Winkel &#x017F;te¬<lb/>
henden Proze&#x017F;&#x017F;ions&#x017F;ta&#x0364;be und &#x017F;etzte dem Un¬<lb/>
hold nach durch die Ga&#x0364;nge des Klo&#x017F;ters. Al¬<lb/>
les war die That eines Augenblicks; bald<lb/>
kniete ich neben Aurelien, die Nonnen hat¬<lb/>
ten mit weißen Tu&#x0364;chern die Wunde, &#x017F;o gut<lb/>
es gehen wollte, verbunden, und &#x017F;tanden der<lb/>
ohnma&#x0364;chtigen Aebti&#x017F;&#x017F;in bei. Eine &#x017F;tarke Stim¬<lb/>
me &#x017F;prach neben mir: <hi rendition="#aq">Sancta Rosalia ora pro<lb/>
nobis</hi>, und alle die noch in der Kirche geblie¬<lb/>
ben, riefen laut: &#x201E;Ein Mirakel &#x2014; ein Mirakel<lb/>
ja &#x017F;ie i&#x017F;t eine Ma&#x0364;rtyrin. &#x2014; <hi rendition="#aq">Sancta Rosalia<lb/>
ora pro nobis</hi> &#x2014; Ich &#x017F;chaute auf. &#x2014; Der alte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ma¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0360] der Raſende auf, und ſprang hinter den Hoch¬ altar, durch die Gitterthuͤre fort in die Klo¬ ſtergaͤnge. Voll Entſetzen kreiſchten die Non¬ nen auf. — „Mord — Mord am Altar des Herrn,“ ſchrie das Volk, nach dem Hochaltar ſtuͤrmend. „Beſetzt die Ausgaͤnge des Klo¬ ſters, daß der Moͤrder nicht entkomme, rief Leonardus mit lauter Stimme, und das Volk ſtuͤrzte hinaus und wer von den Moͤn¬ chen ruͤſtig war, ergriff die im Winkel ſte¬ henden Prozeſſionsſtaͤbe und ſetzte dem Un¬ hold nach durch die Gaͤnge des Kloſters. Al¬ les war die That eines Augenblicks; bald kniete ich neben Aurelien, die Nonnen hat¬ ten mit weißen Tuͤchern die Wunde, ſo gut es gehen wollte, verbunden, und ſtanden der ohnmaͤchtigen Aebtiſſin bei. Eine ſtarke Stim¬ me ſprach neben mir: Sancta Rosalia ora pro nobis, und alle die noch in der Kirche geblie¬ ben, riefen laut: „Ein Mirakel — ein Mirakel ja ſie iſt eine Maͤrtyrin. — Sancta Rosalia ora pro nobis — Ich ſchaute auf. — Der alte Ma¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/360
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/360>, abgerufen am 23.11.2024.