geschmückten Hochaltars waren erhöhte Sitze für die Geistlichkeit angebracht, der Tribune gegenüber, auf welcher die Capelle des Bi¬ schoffs die Musik des Amts, welches er selbst hielt, ausführte. Leonardus rief mich an seine Seite, und ich bemerkte, daß er ängstlich auf mich wachte; die kleinste Bewegung er¬ regte seine Aufmerksamkeit; er hielt mich an, fortwährend aus meinem Brevier zu beten. Die Klaren Nonnen versammelten sich in dem mit einem niedrigen Gitter eingeschlossenen Platz dicht vor dem Hochaltar, der entschei¬ dende Augenblick kam; aus dem Innern des Klosters, durch die Gitterthüre hinter dem Al¬ tar, führten die Cisterzienser Nonnen Aure¬ lien herbei. -- Ein Geflüster rauschte durch die Menge, als sie sichtbar worden, die Or¬ gel schwieg und der einfache Hymnus der Nonnen erklang in wunderbaren tief ins Innerste dringenden Akkorden. Noch hatte ich keinen Blick aufgeschlagen; von einer furchtbaren Angst ergriffen, zuckte ich krampf¬
geſchmuͤckten Hochaltars waren erhoͤhte Sitze fuͤr die Geiſtlichkeit angebracht, der Tribune gegenuͤber, auf welcher die Capelle des Bi¬ ſchoffs die Muſik des Amts, welches er ſelbſt hielt, ausfuͤhrte. Leonardus rief mich an ſeine Seite, und ich bemerkte, daß er aͤngſtlich auf mich wachte; die kleinſte Bewegung er¬ regte ſeine Aufmerkſamkeit; er hielt mich an, fortwaͤhrend aus meinem Brevier zu beten. Die Klaren Nonnen verſammelten ſich in dem mit einem niedrigen Gitter eingeſchloſſenen Platz dicht vor dem Hochaltar, der entſchei¬ dende Augenblick kam; aus dem Innern des Kloſters, durch die Gitterthuͤre hinter dem Al¬ tar, fuͤhrten die Ciſterzienſer Nonnen Aure¬ lien herbei. — Ein Gefluͤſter rauſchte durch die Menge, als ſie ſichtbar worden, die Or¬ gel ſchwieg und der einfache Hymnus der Nonnen erklang in wunderbaren tief ins Innerſte dringenden Akkorden. Noch hatte ich keinen Blick aufgeſchlagen; von einer furchtbaren Angſt ergriffen, zuckte ich krampf¬
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geſchmuͤckten Hochaltars waren erhoͤhte Sitze
fuͤr die Geiſtlichkeit angebracht, der Tribune
gegenuͤber, auf welcher die Capelle des Bi¬
ſchoffs die Muſik des Amts, welches er ſelbſt
hielt, ausfuͤhrte. Leonardus rief mich an
ſeine Seite, und ich bemerkte, daß er aͤngſtlich
auf mich wachte; die kleinſte Bewegung er¬
regte ſeine Aufmerkſamkeit; er hielt mich an,
fortwaͤhrend aus meinem Brevier zu beten.
Die Klaren Nonnen verſammelten ſich in dem
mit einem niedrigen Gitter eingeſchloſſenen
Platz dicht vor dem Hochaltar, der entſchei¬
dende Augenblick kam; aus dem Innern des
Kloſters, durch die Gitterthuͤre hinter dem Al¬
tar, fuͤhrten die Ciſterzienſer Nonnen Aure¬
lien herbei. — Ein Gefluͤſter rauſchte durch
die Menge, als ſie ſichtbar worden, die Or¬
gel ſchwieg und der einfache Hymnus der
Nonnen erklang in wunderbaren tief ins
Innerſte dringenden Akkorden. Noch hatte
ich keinen Blick aufgeſchlagen; von einer
furchtbaren Angſt ergriffen, zuckte ich krampf¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/354>, abgerufen am 27.11.2024.
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