zu dem Entsetzlichsten, das ich noch began¬ gen! Der Bruder, zu dem ich gesprochen sah mich erschrocken an: "Um Jesus und der hei¬ ligen Jungfrau willen, was sagt ihr da!" so sprach er; ich schaute nach der Aebtissin, die im Begriff stand, den Saal zu verlassen, ihr Blick fiel auf mich, todtenbleich starrte sie mich an, sie wankte, die Nonnen mußten sie unterstützen. Es war mir, als lisple sie die Worte: "O all' ihr Heiligen, meine Ah¬ nung." Bald darauf wurde der Prior Leo¬ nardus zu ihr gerufen. Schon läuteten aufs neue alle Glocken des Klosters, und dazwi¬ schen tönten die donnernden Töne der Or¬ gel, die Weihgesänge der im Chor versam¬ melten Schwestern, durch die Lüfte, als der Prior wieder in den Saal trat. Nun begaben sich die Brüder der verschiedenen Orden in feierlichem Zuge nach der Kirche, die von Menschen beinahe so überfüllt war, als sonst am Tage des heiligen Bernardus. An einer Seite des mit duftenden Rosen
zu dem Entſetzlichſten, das ich noch began¬ gen! Der Bruder, zu dem ich geſprochen ſah mich erſchrocken an: „Um Jeſus und der hei¬ ligen Jungfrau willen, was ſagt ihr da!“ ſo ſprach er; ich ſchaute nach der Aebtiſſin, die im Begriff ſtand, den Saal zu verlaſſen, ihr Blick fiel auf mich, todtenbleich ſtarrte ſie mich an, ſie wankte, die Nonnen mußten ſie unterſtuͤtzen. Es war mir, als lisple ſie die Worte: „O all' ihr Heiligen, meine Ah¬ nung.“ Bald darauf wurde der Prior Leo¬ nardus zu ihr gerufen. Schon laͤuteten aufs neue alle Glocken des Kloſters, und dazwi¬ ſchen toͤnten die donnernden Toͤne der Or¬ gel, die Weihgeſaͤnge der im Chor verſam¬ melten Schweſtern, durch die Luͤfte, als der Prior wieder in den Saal trat. Nun begaben ſich die Bruͤder der verſchiedenen Orden in feierlichem Zuge nach der Kirche, die von Menſchen beinahe ſo uͤberfuͤllt war, als ſonſt am Tage des heiligen Bernardus. An einer Seite des mit duftenden Roſen
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zu dem Entſetzlichſten, das ich noch began¬
gen! Der Bruder, zu dem ich geſprochen ſah
mich erſchrocken an: „Um Jeſus und der hei¬
ligen Jungfrau willen, was ſagt ihr da!“
ſo ſprach er; ich ſchaute nach der Aebtiſſin,
die im Begriff ſtand, den Saal zu verlaſſen,
ihr Blick fiel auf mich, todtenbleich ſtarrte
ſie mich an, ſie wankte, die Nonnen mußten
ſie unterſtuͤtzen. Es war mir, als lisple ſie
die Worte: „O all' ihr Heiligen, meine Ah¬
nung.“ Bald darauf wurde der Prior Leo¬
nardus zu ihr gerufen. Schon laͤuteten aufs
neue alle Glocken des Kloſters, und dazwi¬
ſchen toͤnten die donnernden Toͤne der Or¬
gel, die Weihgeſaͤnge der im Chor verſam¬
melten Schweſtern, durch die Luͤfte, als
der Prior wieder in den Saal trat. Nun
begaben ſich die Bruͤder der verſchiedenen
Orden in feierlichem Zuge nach der Kirche,
die von Menſchen beinahe ſo uͤberfuͤllt war,
als ſonſt am Tage des heiligen Bernardus.
An einer Seite des mit duftenden Roſen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/353>, abgerufen am 23.11.2024.
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