denz bei dem Anblick der Fürstin gefühlt, und statt daß ich, ehe die Aebtissin jene Worte sprach, mich hätte vor ihr niederwer¬ fen mögen in den Staub, wollte ich keck und kühn vor sie hintreten und sprechen: warst Du denn immer solch ein überirdisches Weib, daß die Lust der Erde Dir nicht aufging? ... Als Du meinen Vater sahst, verwahrtest Du denn immer Dich so, daß der Gedanke der Sünde nicht Raum fand? ... Ey sage doch, ob selbst dann, als schon die Inful und der Stab dich schmückten, in unbewachten Augen¬ blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnsucht nach irdischer Lust in Dir aufregte? ... Was empfandest Du denn, Stolze! als Du den Sohn des Geliebten an Dein Herz drücktest, und den Namen des Verlorenen, war er gleich ein frevelicher Sünder, so schmerzvoll riefst? -- Hast Du jemals gekämpft mit der dunklen Macht wie ich? -- Kannst Du Dich eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein harter Kampf vorherging? -- Fühlst Du
denz bei dem Anblick der Fuͤrſtin gefuͤhlt, und ſtatt daß ich, ehe die Aebtiſſin jene Worte ſprach, mich haͤtte vor ihr niederwer¬ fen moͤgen in den Staub, wollte ich keck und kuͤhn vor ſie hintreten und ſprechen: warſt Du denn immer ſolch ein uͤberirdiſches Weib, daß die Luſt der Erde Dir nicht aufging? ... Als Du meinen Vater ſahſt, verwahrteſt Du denn immer Dich ſo, daß der Gedanke der Suͤnde nicht Raum fand? ... Ey ſage doch, ob ſelbſt dann, als ſchon die Inful und der Stab dich ſchmuͤckten, in unbewachten Augen¬ blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnſucht nach irdiſcher Luſt in Dir aufregte? ... Was empfandeſt Du denn, Stolze! als Du den Sohn des Geliebten an Dein Herz druͤckteſt, und den Namen des Verlorenen, war er gleich ein frevelicher Suͤnder, ſo ſchmerzvoll riefſt? — Haſt Du jemals gekaͤmpft mit der dunklen Macht wie ich? — Kannſt Du Dich eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein harter Kampf vorherging? — Fuͤhlſt Du
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denz bei dem Anblick der Fuͤrſtin gefuͤhlt,
und ſtatt daß ich, ehe die Aebtiſſin jene
Worte ſprach, mich haͤtte vor ihr niederwer¬
fen moͤgen in den Staub, wollte ich keck und
kuͤhn vor ſie hintreten und ſprechen: warſt
Du denn immer ſolch ein uͤberirdiſches Weib,
daß die Luſt der Erde Dir nicht aufging? ...
Als Du meinen Vater ſahſt, verwahrteſt
Du denn immer Dich ſo, daß der Gedanke der
Suͤnde nicht Raum fand? ... Ey ſage doch,
ob ſelbſt dann, als ſchon die Inful und der
Stab dich ſchmuͤckten, in unbewachten Augen¬
blicken meines Vaters Bild, nicht Sehnſucht
nach irdiſcher Luſt in Dir aufregte? ... Was
empfandeſt Du denn, Stolze! als Du den
Sohn des Geliebten an Dein Herz druͤckteſt,
und den Namen des Verlorenen, war er
gleich ein frevelicher Suͤnder, ſo ſchmerzvoll
riefſt? — Haſt Du jemals gekaͤmpft mit der
dunklen Macht wie ich? — Kannſt Du Dich
eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein
harter Kampf vorherging? — Fuͤhlſt Du
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/350>, abgerufen am 23.11.2024.
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