lich in den Lüften verklang. Er will sogar, was mir aber unmöglich scheint, eine Ge¬ stalt von der Bergspitze herab in den Ab¬ grund stürzen gesehen haben. So viel ist gewiß, daß wir Alle im Dorfe, ohne zu wis¬ sen warum, glaubten, der Capuziner könne wohl herabgestürzt seyn, und daß Mehrere von uns hingingen und, soweit es nur möglich war, ohne das Leben aufs Spiel zu setzen, hin¬ ab stiegen, um wenigstens die Leiche des un¬ glücklichen Menschen zu finden. Wir konnten aber nichts entdecken und lachten den Nachbar tüchtig aus, als er einmal in der mondhel¬ len Nacht auf dem Thalwege heimkehrend, ganz voll Todesschrecken einen nackten Men¬ schen aus dem Teufelsgrunde wollte empor¬ steigen gesehen haben. Das war nun pure Einbildung; aber später erfuhr man denn wohl, daß der Capuziner, Gott weiß warum, hier von einem vornehmen Mann ermordet, und der Leichnam in den Teufelsgrund ge¬ schleudert worden sey. Hier auf diesem Fleck
lich in den Luͤften verklang. Er will ſogar, was mir aber unmoͤglich ſcheint, eine Ge¬ ſtalt von der Bergſpitze herab in den Ab¬ grund ſtuͤrzen geſehen haben. So viel iſt gewiß, daß wir Alle im Dorfe, ohne zu wiſ¬ ſen warum, glaubten, der Capuziner koͤnne wohl herabgeſtuͤrzt ſeyn, und daß Mehrere von uns hingingen und, ſoweit es nur moͤglich war, ohne das Leben aufs Spiel zu ſetzen, hin¬ ab ſtiegen, um wenigſtens die Leiche des un¬ gluͤcklichen Menſchen zu finden. Wir konnten aber nichts entdecken und lachten den Nachbar tuͤchtig aus, als er einmal in der mondhel¬ len Nacht auf dem Thalwege heimkehrend, ganz voll Todesſchrecken einen nackten Men¬ ſchen aus dem Teufelsgrunde wollte empor¬ ſteigen geſehen haben. Das war nun pure Einbildung; aber ſpaͤter erfuhr man denn wohl, daß der Capuziner, Gott weiß warum, hier von einem vornehmen Mann ermordet, und der Leichnam in den Teufelsgrund ge¬ ſchleudert worden ſey. Hier auf dieſem Fleck
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lich in den Luͤften verklang. Er will ſogar,
was mir aber unmoͤglich ſcheint, eine Ge¬
ſtalt von der Bergſpitze herab in den Ab¬
grund ſtuͤrzen geſehen haben. So viel iſt
gewiß, daß wir Alle im Dorfe, ohne zu wiſ¬
ſen warum, glaubten, der Capuziner koͤnne
wohl herabgeſtuͤrzt ſeyn, und daß Mehrere
von uns hingingen und, ſoweit es nur moͤglich
war, ohne das Leben aufs Spiel zu ſetzen, hin¬
ab ſtiegen, um wenigſtens die Leiche des un¬
gluͤcklichen Menſchen zu finden. Wir konnten
aber nichts entdecken und lachten den Nachbar
tuͤchtig aus, als er einmal in der mondhel¬
len Nacht auf dem Thalwege heimkehrend,
ganz voll Todesſchrecken einen nackten Men¬
ſchen aus dem Teufelsgrunde wollte empor¬
ſteigen geſehen haben. Das war nun pure
Einbildung; aber ſpaͤter erfuhr man denn
wohl, daß der Capuziner, Gott weiß warum,
hier von einem vornehmen Mann ermordet,
und der Leichnam in den Teufelsgrund ge¬
ſchleudert worden ſey. Hier auf dieſem Fleck
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/309>, abgerufen am 24.11.2024.
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