und aufs neue dem Criminalgericht in die Hände zu fallen, aber wie konnte ich ohne herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten, wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem irdischen Glück zu trachten mich vermaß, dem ich Gottgeweihter ja entsagt hatte -- ach, wo ich, dem ewigen reinen Geist der Liebe abge¬ wandt, für des Lebens höchsten Lichtpunkt, in dem das sinnliche und übersinnliche in ei¬ ner Flamme auflodert, den Moment der Be¬ friedigung des irdischen Triebes nahm: wo mir die rege Fülle des Lebens, genährt von seinem eigenen üppigen Reichthum, als das Prinzip erschien, das sich kräftig auflehnen müsse gegen jenes Aufstreben nach dem Himm¬ lischen, das ich nur unnatürliche Selbstver¬ läugnung nennen konnte! -- Aber noch mehr! -- tief im Innern fühlte ich, trotz der Er¬ kräftigung, die mir durch unsträflichen Wan¬ del, durch anhaltende schwere Buße werden sollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich zu bestehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬
und aufs neue dem Criminalgericht in die Haͤnde zu fallen, aber wie konnte ich ohne herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten, wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem irdiſchen Gluͤck zu trachten mich vermaß, dem ich Gottgeweihter ja entſagt hatte — ach, wo ich, dem ewigen reinen Geiſt der Liebe abge¬ wandt, fuͤr des Lebens hoͤchſten Lichtpunkt, in dem das ſinnliche und uͤberſinnliche in ei¬ ner Flamme auflodert, den Moment der Be¬ friedigung des irdiſchen Triebes nahm: wo mir die rege Fuͤlle des Lebens, genaͤhrt von ſeinem eigenen uͤppigen Reichthum, als das Prinzip erſchien, das ſich kraͤftig auflehnen muͤſſe gegen jenes Aufſtreben nach dem Himm¬ liſchen, das ich nur unnatuͤrliche Selbſtver¬ laͤugnung nennen konnte! — Aber noch mehr! — tief im Innern fuͤhlte ich, trotz der Er¬ kraͤftigung, die mir durch unſtraͤflichen Wan¬ del, durch anhaltende ſchwere Buße werden ſollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich zu beſtehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0303"n="295"/>
und aufs neue dem Criminalgericht in die<lb/>
Haͤnde zu fallen, aber wie konnte ich ohne<lb/>
herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten,<lb/>
wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem<lb/>
irdiſchen Gluͤck zu trachten mich vermaß, dem<lb/>
ich Gottgeweihter ja entſagt hatte — ach, wo<lb/>
ich, dem ewigen reinen Geiſt der Liebe abge¬<lb/>
wandt, fuͤr des Lebens hoͤchſten Lichtpunkt,<lb/>
in dem das ſinnliche und uͤberſinnliche in <hirendition="#g">ei¬<lb/>
ner</hi> Flamme auflodert, den Moment der Be¬<lb/>
friedigung des irdiſchen Triebes nahm: wo<lb/>
mir die rege Fuͤlle des Lebens, genaͤhrt von<lb/>ſeinem eigenen uͤppigen Reichthum, als das<lb/>
Prinzip erſchien, das ſich kraͤftig auflehnen<lb/>
muͤſſe gegen jenes Aufſtreben nach dem Himm¬<lb/>
liſchen, das ich nur unnatuͤrliche Selbſtver¬<lb/>
laͤugnung nennen konnte! — Aber noch mehr!<lb/>— tief im Innern fuͤhlte ich, trotz der Er¬<lb/>
kraͤftigung, die mir durch unſtraͤflichen Wan¬<lb/>
del, durch anhaltende ſchwere Buße werden<lb/>ſollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich<lb/>
zu beſtehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[295/0303]
und aufs neue dem Criminalgericht in die
Haͤnde zu fallen, aber wie konnte ich ohne
herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten,
wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem
irdiſchen Gluͤck zu trachten mich vermaß, dem
ich Gottgeweihter ja entſagt hatte — ach, wo
ich, dem ewigen reinen Geiſt der Liebe abge¬
wandt, fuͤr des Lebens hoͤchſten Lichtpunkt,
in dem das ſinnliche und uͤberſinnliche in ei¬
ner Flamme auflodert, den Moment der Be¬
friedigung des irdiſchen Triebes nahm: wo
mir die rege Fuͤlle des Lebens, genaͤhrt von
ſeinem eigenen uͤppigen Reichthum, als das
Prinzip erſchien, das ſich kraͤftig auflehnen
muͤſſe gegen jenes Aufſtreben nach dem Himm¬
liſchen, das ich nur unnatuͤrliche Selbſtver¬
laͤugnung nennen konnte! — Aber noch mehr!
— tief im Innern fuͤhlte ich, trotz der Er¬
kraͤftigung, die mir durch unſtraͤflichen Wan¬
del, durch anhaltende ſchwere Buße werden
ſollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich
zu beſtehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/303>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.