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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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namenlosen Schmerz ertragen, und wider¬
stand der Einwirkung des höllischen Safts
der von außen her mein Inneres zerrütten
wollte. Der Arzt versprach meine baldige
Herstellung, und in der That empfand ich
nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das
dem Einschlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬
berhafte Anfälle, die mit kalten Schauern
und fliegender Hitze wechselten. Gerade in
diesen Augenblicken war es, als ich, ganz
erfüllt von dem Bilde meines Martiriums,
mich selbst, wie es schon oft geschehen, durch
einen Dolchstich in der Brust ermordet schau¬
te. Doch, statt daß ich mich sonst gewöhn¬
lich auf dem spanischen Platz niedergestreckt
und bald von einer Menge Volks, die meine
Heiligsprechung verbreitete, umgeben sah,
lag ich einsam in einem Laubgange des Klo¬
stergartens in B. -- Statt des Blutes quoll
ein ekelhafter farbloser Saft aus der weit
aufklaffenden Wunde und eine Stimme sprach:
Ist das Blut vom Märtirer vergossen? --

Doch

namenloſen Schmerz ertragen, und wider¬
ſtand der Einwirkung des hoͤlliſchen Safts
der von außen her mein Inneres zerruͤtten
wollte. Der Arzt verſprach meine baldige
Herſtellung, und in der That empfand ich
nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das
dem Einſchlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬
berhafte Anfaͤlle, die mit kalten Schauern
und fliegender Hitze wechſelten. Gerade in
dieſen Augenblicken war es, als ich, ganz
erfuͤllt von dem Bilde meines Martiriums,
mich ſelbſt, wie es ſchon oft geſchehen, durch
einen Dolchſtich in der Bruſt ermordet ſchau¬
te. Doch, ſtatt daß ich mich ſonſt gewoͤhn¬
lich auf dem ſpaniſchen Platz niedergeſtreckt
und bald von einer Menge Volks, die meine
Heiligſprechung verbreitete, umgeben ſah,
lag ich einſam in einem Laubgange des Klo¬
ſtergartens in B. — Statt des Blutes quoll
ein ekelhafter farbloſer Saft aus der weit
aufklaffenden Wunde und eine Stimme ſprach:
Iſt das Blut vom Maͤrtirer vergoſſen? —

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[288/0296] namenloſen Schmerz ertragen, und wider¬ ſtand der Einwirkung des hoͤlliſchen Safts der von außen her mein Inneres zerruͤtten wollte. Der Arzt verſprach meine baldige Herſtellung, und in der That empfand ich nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das dem Einſchlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬ berhafte Anfaͤlle, die mit kalten Schauern und fliegender Hitze wechſelten. Gerade in dieſen Augenblicken war es, als ich, ganz erfuͤllt von dem Bilde meines Martiriums, mich ſelbſt, wie es ſchon oft geſchehen, durch einen Dolchſtich in der Bruſt ermordet ſchau¬ te. Doch, ſtatt daß ich mich ſonſt gewoͤhn¬ lich auf dem ſpaniſchen Platz niedergeſtreckt und bald von einer Menge Volks, die meine Heiligſprechung verbreitete, umgeben ſah, lag ich einſam in einem Laubgange des Klo¬ ſtergartens in B. — Statt des Blutes quoll ein ekelhafter farbloſer Saft aus der weit aufklaffenden Wunde und eine Stimme ſprach: Iſt das Blut vom Maͤrtirer vergoſſen? — Doch

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/296>, abgerufen am 23.11.2024.