namenlosen Schmerz ertragen, und wider¬ stand der Einwirkung des höllischen Safts der von außen her mein Inneres zerrütten wollte. Der Arzt versprach meine baldige Herstellung, und in der That empfand ich nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das dem Einschlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬ berhafte Anfälle, die mit kalten Schauern und fliegender Hitze wechselten. Gerade in diesen Augenblicken war es, als ich, ganz erfüllt von dem Bilde meines Martiriums, mich selbst, wie es schon oft geschehen, durch einen Dolchstich in der Brust ermordet schau¬ te. Doch, statt daß ich mich sonst gewöhn¬ lich auf dem spanischen Platz niedergestreckt und bald von einer Menge Volks, die meine Heiligsprechung verbreitete, umgeben sah, lag ich einsam in einem Laubgange des Klo¬ stergartens in B. -- Statt des Blutes quoll ein ekelhafter farbloser Saft aus der weit aufklaffenden Wunde und eine Stimme sprach: Ist das Blut vom Märtirer vergossen? --
Doch
namenloſen Schmerz ertragen, und wider¬ ſtand der Einwirkung des hoͤlliſchen Safts der von außen her mein Inneres zerruͤtten wollte. Der Arzt verſprach meine baldige Herſtellung, und in der That empfand ich nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das dem Einſchlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬ berhafte Anfaͤlle, die mit kalten Schauern und fliegender Hitze wechſelten. Gerade in dieſen Augenblicken war es, als ich, ganz erfuͤllt von dem Bilde meines Martiriums, mich ſelbſt, wie es ſchon oft geſchehen, durch einen Dolchſtich in der Bruſt ermordet ſchau¬ te. Doch, ſtatt daß ich mich ſonſt gewoͤhn¬ lich auf dem ſpaniſchen Platz niedergeſtreckt und bald von einer Menge Volks, die meine Heiligſprechung verbreitete, umgeben ſah, lag ich einſam in einem Laubgange des Klo¬ ſtergartens in B. — Statt des Blutes quoll ein ekelhafter farbloſer Saft aus der weit aufklaffenden Wunde und eine Stimme ſprach: Iſt das Blut vom Maͤrtirer vergoſſen? —
Doch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0296"n="288"/>
namenloſen Schmerz ertragen, und wider¬<lb/>ſtand der Einwirkung des hoͤlliſchen Safts<lb/>
der von außen her mein Inneres zerruͤtten<lb/>
wollte. Der Arzt verſprach meine baldige<lb/>
Herſtellung, und in der That empfand ich<lb/>
nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das<lb/>
dem Einſchlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬<lb/>
berhafte Anfaͤlle, die mit kalten Schauern<lb/>
und fliegender Hitze wechſelten. Gerade in<lb/>
dieſen Augenblicken war es, als ich, ganz<lb/>
erfuͤllt von dem Bilde meines Martiriums,<lb/>
mich ſelbſt, wie es ſchon oft geſchehen, durch<lb/>
einen Dolchſtich in der Bruſt ermordet ſchau¬<lb/>
te. Doch, ſtatt daß ich mich ſonſt gewoͤhn¬<lb/>
lich auf dem ſpaniſchen Platz niedergeſtreckt<lb/>
und bald von einer Menge Volks, die meine<lb/>
Heiligſprechung verbreitete, umgeben ſah,<lb/>
lag ich einſam in einem Laubgange des Klo¬<lb/>ſtergartens in B. — Statt des Blutes quoll<lb/>
ein ekelhafter farbloſer Saft aus der weit<lb/>
aufklaffenden Wunde und eine Stimme ſprach:<lb/>
Iſt <hirendition="#g">das</hi> Blut vom Maͤrtirer vergoſſen? —<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Doch<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[288/0296]
namenloſen Schmerz ertragen, und wider¬
ſtand der Einwirkung des hoͤlliſchen Safts
der von außen her mein Inneres zerruͤtten
wollte. Der Arzt verſprach meine baldige
Herſtellung, und in der That empfand ich
nur in den Augenblicken jenes Delirirens, das
dem Einſchlafen vorher zu gehen pflegt, fie¬
berhafte Anfaͤlle, die mit kalten Schauern
und fliegender Hitze wechſelten. Gerade in
dieſen Augenblicken war es, als ich, ganz
erfuͤllt von dem Bilde meines Martiriums,
mich ſelbſt, wie es ſchon oft geſchehen, durch
einen Dolchſtich in der Bruſt ermordet ſchau¬
te. Doch, ſtatt daß ich mich ſonſt gewoͤhn¬
lich auf dem ſpaniſchen Platz niedergeſtreckt
und bald von einer Menge Volks, die meine
Heiligſprechung verbreitete, umgeben ſah,
lag ich einſam in einem Laubgange des Klo¬
ſtergartens in B. — Statt des Blutes quoll
ein ekelhafter farbloſer Saft aus der weit
aufklaffenden Wunde und eine Stimme ſprach:
Iſt das Blut vom Maͤrtirer vergoſſen? —
Doch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/296>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.