mals vernommen. -- Glaubt Ihr an die of¬ fenbare sichtliche Einwirkung einer bösen Macht, die die Kirche Teufel nennt?" -- Ich wollte antworten, der Pabst fuhr fort: "Glaubt Ihr, daß der Wein, den Ihr aus der Reliquienkammer stahlt und austranket, Euch zu den Freveln trieb, die ihr begin¬ get?" -- "Wie ein von giftiger Dünsten ge¬ schwängertes Wasser gab er Kraft dem bösen Keim, der in mir ruhete, daß er fortzuwu¬ chern vermochte!" -- Als ich dies erwiedert, schwieg der Pabst einige Augenblicke, dann fuhr er mit ernstem in sich gekehrtem Blick fort: "Wie, wenn die Natur die Regel des körperlichen Organism auch im geistigen be¬ folgte, daß gleicher Keim nur gleiches zu gebähren vermag? ... Wenn Neigung und Wollen, -- wie die Kraft, die im Kern ver¬ schlossen, des hervorschießenden Baumes Blät¬ ter wieder grün färbt -- sich fortpflanzte von Vätern zu Vätern, alle Willkühr aufhebend? ... Es giebt Familien von Mördern, von
II. [ 17 ]
mals vernommen. — Glaubt Ihr an die of¬ fenbare ſichtliche Einwirkung einer boͤſen Macht, die die Kirche Teufel nennt?“ — Ich wollte antworten, der Pabſt fuhr fort: „Glaubt Ihr, daß der Wein, den Ihr aus der Reliquienkammer ſtahlt und austranket, Euch zu den Freveln trieb, die ihr begin¬ get?“ — „Wie ein von giftiger Duͤnſten ge¬ ſchwaͤngertes Waſſer gab er Kraft dem boͤſen Keim, der in mir ruhete, daß er fortzuwu¬ chern vermochte!“ — Als ich dies erwiedert, ſchwieg der Pabſt einige Augenblicke, dann fuhr er mit ernſtem in ſich gekehrtem Blick fort: „Wie, wenn die Natur die Regel des koͤrperlichen Organism auch im geiſtigen be¬ folgte, daß gleicher Keim nur gleiches zu gebaͤhren vermag? ... Wenn Neigung und Wollen, — wie die Kraft, die im Kern ver¬ ſchloſſen, des hervorſchießenden Baumes Blaͤt¬ ter wieder gruͤn faͤrbt — ſich fortpflanzte von Vaͤtern zu Vaͤtern, alle Willkuͤhr aufhebend? ... Es giebt Familien von Moͤrdern, von
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mals vernommen. — Glaubt Ihr an die of¬
fenbare ſichtliche Einwirkung einer boͤſen
Macht, die die Kirche Teufel nennt?“ —
Ich wollte antworten, der Pabſt fuhr fort:
„Glaubt Ihr, daß der Wein, den Ihr aus
der Reliquienkammer ſtahlt und austranket,
Euch zu den Freveln trieb, die ihr begin¬
get?“ — „Wie ein von giftiger Duͤnſten ge¬
ſchwaͤngertes Waſſer gab er Kraft dem boͤſen
Keim, der in mir ruhete, daß er fortzuwu¬
chern vermochte!“ — Als ich dies erwiedert,
ſchwieg der Pabſt einige Augenblicke, dann
fuhr er mit ernſtem in ſich gekehrtem Blick
fort: „Wie, wenn die Natur die Regel des
koͤrperlichen Organism auch im geiſtigen be¬
folgte, daß gleicher Keim nur gleiches zu
gebaͤhren vermag? ... Wenn Neigung und
Wollen, — wie die Kraft, die im Kern ver¬
ſchloſſen, des hervorſchießenden Baumes Blaͤt¬
ter wieder gruͤn faͤrbt — ſich fortpflanzte von
Vaͤtern zu Vaͤtern, alle Willkuͤhr aufhebend?
... Es giebt Familien von Moͤrdern, von
II. [ 17 ]
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/265>, abgerufen am 27.11.2024.
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