so greife in Deine Brust und forsche wohl, wie der innerste Gedanke beschaffen, der Dich so zu handeln treibt. -- Bist Du nicht rein vor dem Herrn und vor mir, seinem Statt¬ halter, so nimmst Du bald ein schmähliches Ende, Mönch Medardus!" -- Diese Worte sprach der Pabst mit starker, durchdringen¬ der Stimme, und wie treffende Blitze fun¬ kelte es aus seinen Augen. Nach langer Zeit zum erstenmal fühlte ich mich nicht der Sün¬ de schuldig, der ich angeklagt wurde, und so mußte es wohl kommen, daß ich nicht allein meine Fassung behielt, sondern auch von dem Gedanken, daß meine Buße aus wah¬ rer innerer Zerknirschung hervorgegangen, erhoben wurde, und wie ein Begeisterter zu sprechen vermochte: "Ihr hochheiliger Statthalter des Herrn, wohl ist Euch die Kraft verliehen, in mein Inneres zu schauen; wohl mögt Ihr es wissen, daß Centnerschwer mich die unsägliche Last meiner Sünden zu Boden drückt, aber eben so werdet Ihr die
ſo greife in Deine Bruſt und forſche wohl, wie der innerſte Gedanke beſchaffen, der Dich ſo zu handeln treibt. — Biſt Du nicht rein vor dem Herrn und vor mir, ſeinem Statt¬ halter, ſo nimmſt Du bald ein ſchmaͤhliches Ende, Moͤnch Medardus!“ — Dieſe Worte ſprach der Pabſt mit ſtarker, durchdringen¬ der Stimme, und wie treffende Blitze fun¬ kelte es aus ſeinen Augen. Nach langer Zeit zum erſtenmal fuͤhlte ich mich nicht der Suͤn¬ de ſchuldig, der ich angeklagt wurde, und ſo mußte es wohl kommen, daß ich nicht allein meine Faſſung behielt, ſondern auch von dem Gedanken, daß meine Buße aus wah¬ rer innerer Zerknirſchung hervorgegangen, erhoben wurde, und wie ein Begeiſterter zu ſprechen vermochte: „Ihr hochheiliger Statthalter des Herrn, wohl iſt Euch die Kraft verliehen, in mein Inneres zu ſchauen; wohl moͤgt Ihr es wiſſen, daß Centnerſchwer mich die unſaͤgliche Laſt meiner Suͤnden zu Boden druͤckt, aber eben ſo werdet Ihr die
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ſo greife in Deine Bruſt und forſche wohl,
wie der innerſte Gedanke beſchaffen, der Dich
ſo zu handeln treibt. — Biſt Du nicht rein
vor dem Herrn und vor mir, ſeinem Statt¬
halter, ſo nimmſt Du bald ein ſchmaͤhliches
Ende, Moͤnch Medardus!“ — Dieſe Worte
ſprach der Pabſt mit ſtarker, durchdringen¬
der Stimme, und wie treffende Blitze fun¬
kelte es aus ſeinen Augen. Nach langer Zeit
zum erſtenmal fuͤhlte ich mich nicht der Suͤn¬
de ſchuldig, der ich angeklagt wurde, und ſo
mußte es wohl kommen, daß ich nicht allein
meine Faſſung behielt, ſondern auch von
dem Gedanken, daß meine Buße aus wah¬
rer innerer Zerknirſchung hervorgegangen,
erhoben wurde, und wie ein Begeiſterter
zu ſprechen vermochte: „Ihr hochheiliger
Statthalter des Herrn, wohl iſt Euch die
Kraft verliehen, in mein Inneres zu ſchauen;
wohl moͤgt Ihr es wiſſen, daß Centnerſchwer
mich die unſaͤgliche Laſt meiner Suͤnden zu
Boden druͤckt, aber eben ſo werdet Ihr die
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/263>, abgerufen am 23.11.2024.
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