ahnte, zu dem Helden irgend eines frommen Mährchens erhoben hatten. Oft weckten mich bange Seufzer und das Gemurmel leiser Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich, auf den Stufen des Altars liegend, versun¬ ken, und ich bemerkte dann, wie rings um mich her Andächtige knieten, und meine Für¬ bitte zu erflehen schienen. So wie in jenem Capuzinerkloster, hörte ich hinter mir rufen: il Santo! -- und schmerzhafte Dolchstiche fuhren durch meine Brust. Ich wollte Rom verlassen, doch wie erschrak ich, als der Prior des Klosters, in dem ich mich aufhielt, mir ankündigte, daß der Pabst mich hätte zu sich gebieten lassen. Düstre Ahnungen stie¬ gen in mir auf, daß vielleicht aufs neue die böse Macht in feindlichen Verkettungen mich festzubannen trachte, indessen faßte ich Muth und ging zur bestimmten Stunde nach dem Vatikan. Der Pabst, ein wohlgebildeter Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft, empfing mich auf einem reich, verzierten
ahnte, zu dem Helden irgend eines frommen Maͤhrchens erhoben hatten. Oft weckten mich bange Seufzer und das Gemurmel leiſer Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich, auf den Stufen des Altars liegend, verſun¬ ken, und ich bemerkte dann, wie rings um mich her Andaͤchtige knieten, und meine Fuͤr¬ bitte zu erflehen ſchienen. So wie in jenem Capuzinerkloſter, hoͤrte ich hinter mir rufen: il Santo! — und ſchmerzhafte Dolchſtiche fuhren durch meine Bruſt. Ich wollte Rom verlaſſen, doch wie erſchrak ich, als der Prior des Kloſters, in dem ich mich aufhielt, mir ankuͤndigte, daß der Pabſt mich haͤtte zu ſich gebieten laſſen. Duͤſtre Ahnungen ſtie¬ gen in mir auf, daß vielleicht aufs neue die boͤſe Macht in feindlichen Verkettungen mich feſtzubannen trachte, indeſſen faßte ich Muth und ging zur beſtimmten Stunde nach dem Vatikan. Der Pabſt, ein wohlgebildeter Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft, empfing mich auf einem reich, verzierten
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ahnte, zu dem Helden irgend eines frommen
Maͤhrchens erhoben hatten. Oft weckten mich
bange Seufzer und das Gemurmel leiſer
Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich,
auf den Stufen des Altars liegend, verſun¬
ken, und ich bemerkte dann, wie rings um
mich her Andaͤchtige knieten, und meine Fuͤr¬
bitte zu erflehen ſchienen. So wie in jenem
Capuzinerkloſter, hoͤrte ich hinter mir rufen:
il Santo! — und ſchmerzhafte Dolchſtiche
fuhren durch meine Bruſt. Ich wollte Rom
verlaſſen, doch wie erſchrak ich, als der
Prior des Kloſters, in dem ich mich aufhielt,
mir ankuͤndigte, daß der Pabſt mich haͤtte zu
ſich gebieten laſſen. Duͤſtre Ahnungen ſtie¬
gen in mir auf, daß vielleicht aufs neue
die boͤſe Macht in feindlichen Verkettungen
mich feſtzubannen trachte, indeſſen faßte ich
Muth und ging zur beſtimmten Stunde nach
dem Vatikan. Der Pabſt, ein wohlgebildeter
Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft,
empfing mich auf einem reich, verzierten
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/261>, abgerufen am 23.11.2024.
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