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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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auf einer Wolke kniete, und ein sanftes Säuseln
und Rauschen sprach die Worte: "Herr, ver¬
gieb dem Menschen, der in seiner Schwachheit
und Ohnmacht nicht zu widerstehen vermoch¬
te, den Lockungen des Satans." Da zuckten
Blitze durch den Rosenschimmer, und ein dum¬
pfer Donner ging dröhnend durch das Gewölbe
des Himmels: "Welcher sündige Mensch hat
gleich diesem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht
Ruhe im Grabe soll er finden, so lange der
Stamm, den sein Verbrechen erzeugte, fort¬
wuchert, in frevelicher Sünde!" -- -- Fran¬
cesko sank nieder in den Staub, denn er
wußte wohl, daß nun sein Urtheil gespro¬
chen, und ein entsetzliches Verhängniß ihn
trostlos umhertreiben werde. Er floh, ohne
des Knäbleins in der Höhle zu gedenken, von
dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬
len vermochte, im tiefen, jammervollen
Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn,
als müsse er zur Glorie der christlichen Reli¬
gion, herrliche Gemälde ausführen, und

auf einer Wolke kniete, und ein ſanftes Saͤuſeln
und Rauſchen ſprach die Worte: „Herr, ver¬
gieb dem Menſchen, der in ſeiner Schwachheit
und Ohnmacht nicht zu widerſtehen vermoch¬
te, den Lockungen des Satans.“ Da zuckten
Blitze durch den Roſenſchimmer, und ein dum¬
pfer Donner ging droͤhnend durch das Gewoͤlbe
des Himmels: „Welcher ſuͤndige Menſch hat
gleich dieſem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht
Ruhe im Grabe ſoll er finden, ſo lange der
Stamm, den ſein Verbrechen erzeugte, fort¬
wuchert, in frevelicher Suͤnde!“ — — Fran¬
cesko ſank nieder in den Staub, denn er
wußte wohl, daß nun ſein Urtheil geſpro¬
chen, und ein entſetzliches Verhaͤngniß ihn
troſtlos umhertreiben werde. Er floh, ohne
des Knaͤbleins in der Hoͤhle zu gedenken, von
dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬
len vermochte, im tiefen, jammervollen
Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn,
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[227/0235] auf einer Wolke kniete, und ein ſanftes Saͤuſeln und Rauſchen ſprach die Worte: „Herr, ver¬ gieb dem Menſchen, der in ſeiner Schwachheit und Ohnmacht nicht zu widerſtehen vermoch¬ te, den Lockungen des Satans.“ Da zuckten Blitze durch den Roſenſchimmer, und ein dum¬ pfer Donner ging droͤhnend durch das Gewoͤlbe des Himmels: „Welcher ſuͤndige Menſch hat gleich dieſem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht Ruhe im Grabe ſoll er finden, ſo lange der Stamm, den ſein Verbrechen erzeugte, fort¬ wuchert, in frevelicher Suͤnde!“ — — Fran¬ cesko ſank nieder in den Staub, denn er wußte wohl, daß nun ſein Urtheil geſpro¬ chen, und ein entſetzliches Verhaͤngniß ihn troſtlos umhertreiben werde. Er floh, ohne des Knaͤbleins in der Hoͤhle zu gedenken, von dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬ len vermochte, im tiefen, jammervollen Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn, als muͤſſe er zur Glorie der chriſtlichen Reli¬ gion, herrliche Gemaͤlde ausfuͤhren, und

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/235>, abgerufen am 25.11.2024.