Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm gebunden, und er fiel lautlos vor der
Fremden auf die K ee und hob die Hände
wie anbetend zu ihr empor. Das fremde
Weib richtete ihn aber lächelnd auf und sag¬
te ihm, daß sie ihn schon damals, als er in
der Malerschule des alten Leonardo da Vin¬
ci gewesen, als ein kleines Mädchen oftmals
gesehen und eine unsägliche Liebe zu ihm ge¬
faßt habe. Eltern und Verwandte habe sie
nun verlassen, und sey allein nach Rom ge¬
wandert, um ihn wiederzufinden, da eine in
ihrem Innern ertönende Stimme ihr gesagt
habe, daß er sie sehr liebe und sie aus lau¬
ter Sehnsucht und Begierde abkonterfeyt ha¬
be, was denn, wie sie jetzt sehe, auch wirk¬
lich wahr sey. Francesko merkte nun, daß
ein geheimnißvolles Seelenverständniß mit
dem fremden Weibe obgewaltet, und daß
dieses Verständniß das wunderbare Bild und
seine wahnsinnige Liebe zu demselben ge¬
schaffen hatte. Er umarmte das Weib voll
inbrünstiger Liebe, und wollte sie sogleich

ihm gebunden, und er fiel lautlos vor der
Fremden auf die K ee und hob die Haͤnde
wie anbetend zu ihr empor. Das fremde
Weib richtete ihn aber laͤchelnd auf und ſag¬
te ihm, daß ſie ihn ſchon damals, als er in
der Malerſchule des alten Leonardo da Vin¬
ci geweſen, als ein kleines Maͤdchen oftmals
geſehen und eine unſaͤgliche Liebe zu ihm ge¬
faßt habe. Eltern und Verwandte habe ſie
nun verlaſſen, und ſey allein nach Rom ge¬
wandert, um ihn wiederzufinden, da eine in
ihrem Innern ertoͤnende Stimme ihr geſagt
habe, daß er ſie ſehr liebe und ſie aus lau¬
ter Sehnſucht und Begierde abkonterfeyt ha¬
be, was denn, wie ſie jetzt ſehe, auch wirk¬
lich wahr ſey. Francesko merkte nun, daß
ein geheimnißvolles Seelenverſtaͤndniß mit
dem fremden Weibe obgewaltet, und daß
dieſes Verſtaͤndniß das wunderbare Bild und
ſeine wahnſinnige Liebe zu demſelben ge¬
ſchaffen hatte. Er umarmte das Weib voll
inbruͤnſtiger Liebe, und wollte ſie ſogleich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0229" n="221"/>
ihm gebunden, und er fiel lautlos vor der<lb/>
Fremden auf die K ee und hob die Ha&#x0364;nde<lb/>
wie anbetend zu ihr empor. Das fremde<lb/>
Weib richtete ihn aber la&#x0364;chelnd auf und &#x017F;ag¬<lb/>
te ihm, daß &#x017F;ie ihn &#x017F;chon damals, als er in<lb/>
der Maler&#x017F;chule des alten Leonardo da Vin¬<lb/>
ci gewe&#x017F;en, als ein kleines Ma&#x0364;dchen oftmals<lb/>
ge&#x017F;ehen und eine un&#x017F;a&#x0364;gliche Liebe zu ihm ge¬<lb/>
faßt habe. Eltern und Verwandte habe &#x017F;ie<lb/>
nun verla&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ey allein nach Rom ge¬<lb/>
wandert, um ihn wiederzufinden, da eine in<lb/>
ihrem Innern erto&#x0364;nende Stimme ihr ge&#x017F;agt<lb/>
habe, daß er &#x017F;ie &#x017F;ehr liebe und &#x017F;ie aus lau¬<lb/>
ter Sehn&#x017F;ucht und Begierde abkonterfeyt ha¬<lb/>
be, was denn, wie &#x017F;ie jetzt &#x017F;ehe, auch wirk¬<lb/>
lich wahr &#x017F;ey. Francesko merkte nun, daß<lb/>
ein geheimnißvolles Seelenver&#x017F;ta&#x0364;ndniß mit<lb/>
dem fremden Weibe obgewaltet, und daß<lb/>
die&#x017F;es Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß das wunderbare Bild und<lb/>
&#x017F;eine wahn&#x017F;innige Liebe zu dem&#x017F;elben ge¬<lb/>
&#x017F;chaffen hatte. Er umarmte das Weib voll<lb/>
inbru&#x0364;n&#x017F;tiger Liebe, und wollte &#x017F;ie &#x017F;ogleich<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0229] ihm gebunden, und er fiel lautlos vor der Fremden auf die K ee und hob die Haͤnde wie anbetend zu ihr empor. Das fremde Weib richtete ihn aber laͤchelnd auf und ſag¬ te ihm, daß ſie ihn ſchon damals, als er in der Malerſchule des alten Leonardo da Vin¬ ci geweſen, als ein kleines Maͤdchen oftmals geſehen und eine unſaͤgliche Liebe zu ihm ge¬ faßt habe. Eltern und Verwandte habe ſie nun verlaſſen, und ſey allein nach Rom ge¬ wandert, um ihn wiederzufinden, da eine in ihrem Innern ertoͤnende Stimme ihr geſagt habe, daß er ſie ſehr liebe und ſie aus lau¬ ter Sehnſucht und Begierde abkonterfeyt ha¬ be, was denn, wie ſie jetzt ſehe, auch wirk¬ lich wahr ſey. Francesko merkte nun, daß ein geheimnißvolles Seelenverſtaͤndniß mit dem fremden Weibe obgewaltet, und daß dieſes Verſtaͤndniß das wunderbare Bild und ſeine wahnſinnige Liebe zu demſelben ge¬ ſchaffen hatte. Er umarmte das Weib voll inbruͤnſtiger Liebe, und wollte ſie ſogleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/229
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/229>, abgerufen am 25.11.2024.