ße Dein Inneres erleichtert? ist Trost des Himmels Dir worden?" -- Nein, ehrwürdiger Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung. "Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhöhter Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬ der! da Du mir eine Reihe entsetzlicher Tha¬ ten gebeichtet hattest, die strengste Buße auf¬ legte, genügte ich den Gesetzen der Kirche, welche wollen, daß der Uebelthäter, den der Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der reuig dem Diener des Herrn seine Verbrechen bekannte, auch durch äußere Handlungen die Wahrheit seiner Reue kund thue. Er soll den Geist ganz dem himmlischen zuwenden, und doch das Fleisch peinigen, damit die irr¬ dische Marter jede teuflische Lust der Untha¬ ten aufwäge. Doch glaube ich, und mir stimmen berühmte Kirchenlehrer bei, daß die entsetzlichsten Qualen, die sich der Büßende zufügt, dem Gewicht seiner Sünden auch nicht ein Quentlein entnehmen, sobald er darauf seine Zuversicht stüzt und der Gnade
ße Dein Inneres erleichtert? iſt Troſt des Himmels Dir worden?“ — Nein, ehrwuͤrdiger Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung. „Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhoͤhter Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬ der! da Du mir eine Reihe entſetzlicher Tha¬ ten gebeichtet hatteſt, die ſtrengſte Buße auf¬ legte, genuͤgte ich den Geſetzen der Kirche, welche wollen, daß der Uebelthaͤter, den der Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der reuig dem Diener des Herrn ſeine Verbrechen bekannte, auch durch aͤußere Handlungen die Wahrheit ſeiner Reue kund thue. Er ſoll den Geiſt ganz dem himmliſchen zuwenden, und doch das Fleiſch peinigen, damit die irr¬ diſche Marter jede teufliſche Luſt der Untha¬ ten aufwaͤge. Doch glaube ich, und mir ſtimmen beruͤhmte Kirchenlehrer bei, daß die entſetzlichſten Qualen, die ſich der Buͤßende zufuͤgt, dem Gewicht ſeiner Suͤnden auch nicht ein Quentlein entnehmen, ſobald er darauf ſeine Zuverſicht ſtuͤzt und der Gnade
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ße Dein Inneres erleichtert? iſt Troſt des
Himmels Dir worden?“ — Nein, ehrwuͤrdiger
Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung.
„Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhoͤhter
Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬
der! da Du mir eine Reihe entſetzlicher Tha¬
ten gebeichtet hatteſt, die ſtrengſte Buße auf¬
legte, genuͤgte ich den Geſetzen der Kirche,
welche wollen, daß der Uebelthaͤter, den der
Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der
reuig dem Diener des Herrn ſeine Verbrechen
bekannte, auch durch aͤußere Handlungen die
Wahrheit ſeiner Reue kund thue. Er ſoll
den Geiſt ganz dem himmliſchen zuwenden,
und doch das Fleiſch peinigen, damit die irr¬
diſche Marter jede teufliſche Luſt der Untha¬
ten aufwaͤge. Doch glaube ich, und mir
ſtimmen beruͤhmte Kirchenlehrer bei, daß die
entſetzlichſten Qualen, die ſich der Buͤßende
zufuͤgt, dem Gewicht ſeiner Suͤnden auch
nicht ein Quentlein entnehmen, ſobald er
darauf ſeine Zuverſicht ſtuͤzt und der Gnade
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/203>, abgerufen am 28.11.2024.
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