Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

ße Dein Inneres erleichtert? ist Trost des
Himmels Dir worden?" -- Nein, ehrwürdiger
Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung.
"Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhöhter
Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬
der! da Du mir eine Reihe entsetzlicher Tha¬
ten gebeichtet hattest, die strengste Buße auf¬
legte, genügte ich den Gesetzen der Kirche,
welche wollen, daß der Uebelthäter, den der
Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der
reuig dem Diener des Herrn seine Verbrechen
bekannte, auch durch äußere Handlungen die
Wahrheit seiner Reue kund thue. Er soll
den Geist ganz dem himmlischen zuwenden,
und doch das Fleisch peinigen, damit die irr¬
dische Marter jede teuflische Lust der Untha¬
ten aufwäge. Doch glaube ich, und mir
stimmen berühmte Kirchenlehrer bei, daß die
entsetzlichsten Qualen, die sich der Büßende
zufügt, dem Gewicht seiner Sünden auch
nicht ein Quentlein entnehmen, sobald er
darauf seine Zuversicht stüzt und der Gnade

ße Dein Inneres erleichtert? iſt Troſt des
Himmels Dir worden?“ — Nein, ehrwuͤrdiger
Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung.
„Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhoͤhter
Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬
der! da Du mir eine Reihe entſetzlicher Tha¬
ten gebeichtet hatteſt, die ſtrengſte Buße auf¬
legte, genuͤgte ich den Geſetzen der Kirche,
welche wollen, daß der Uebelthaͤter, den der
Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der
reuig dem Diener des Herrn ſeine Verbrechen
bekannte, auch durch aͤußere Handlungen die
Wahrheit ſeiner Reue kund thue. Er ſoll
den Geiſt ganz dem himmliſchen zuwenden,
und doch das Fleiſch peinigen, damit die irr¬
diſche Marter jede teufliſche Luſt der Untha¬
ten aufwaͤge. Doch glaube ich, und mir
ſtimmen beruͤhmte Kirchenlehrer bei, daß die
entſetzlichſten Qualen, die ſich der Buͤßende
zufuͤgt, dem Gewicht ſeiner Suͤnden auch
nicht ein Quentlein entnehmen, ſobald er
darauf ſeine Zuverſicht ſtuͤzt und der Gnade

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0203" n="195"/>
ße Dein Inneres erleichtert? i&#x017F;t Tro&#x017F;t des<lb/>
Himmels Dir worden?&#x201C; &#x2014; Nein, ehrwu&#x0364;rdiger<lb/>
Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung.<lb/>
&#x201E;Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erho&#x0364;hter<lb/>
Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬<lb/>
der! da Du mir eine Reihe ent&#x017F;etzlicher Tha¬<lb/>
ten gebeichtet hatte&#x017F;t, die &#x017F;treng&#x017F;te Buße auf¬<lb/>
legte, genu&#x0364;gte ich den Ge&#x017F;etzen der Kirche,<lb/>
welche wollen, daß der Uebeltha&#x0364;ter, den der<lb/>
Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der<lb/>
reuig dem Diener des Herrn &#x017F;eine Verbrechen<lb/>
bekannte, auch durch a&#x0364;ußere Handlungen die<lb/>
Wahrheit &#x017F;einer Reue kund thue. Er &#x017F;oll<lb/>
den Gei&#x017F;t ganz dem himmli&#x017F;chen zuwenden,<lb/>
und doch das Flei&#x017F;ch peinigen, damit die irr¬<lb/>
di&#x017F;che Marter jede teufli&#x017F;che Lu&#x017F;t der Untha¬<lb/>
ten aufwa&#x0364;ge. Doch glaube ich, und mir<lb/>
&#x017F;timmen beru&#x0364;hmte Kirchenlehrer bei, daß die<lb/>
ent&#x017F;etzlich&#x017F;ten Qualen, die &#x017F;ich der Bu&#x0364;ßende<lb/>
zufu&#x0364;gt, dem Gewicht &#x017F;einer Su&#x0364;nden auch<lb/>
nicht ein Quentlein entnehmen, &#x017F;obald er<lb/>
darauf &#x017F;eine Zuver&#x017F;icht &#x017F;tu&#x0364;zt und der Gnade<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0203] ße Dein Inneres erleichtert? iſt Troſt des Himmels Dir worden?“ — Nein, ehrwuͤrdiger Herr, erwiederte ich in dumpfer Verzweiflung. „Indem ich Dir, fuhr der Prior mit erhoͤhter Stimme fort: Indem ich Dir, mein Bru¬ der! da Du mir eine Reihe entſetzlicher Tha¬ ten gebeichtet hatteſt, die ſtrengſte Buße auf¬ legte, genuͤgte ich den Geſetzen der Kirche, welche wollen, daß der Uebelthaͤter, den der Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der reuig dem Diener des Herrn ſeine Verbrechen bekannte, auch durch aͤußere Handlungen die Wahrheit ſeiner Reue kund thue. Er ſoll den Geiſt ganz dem himmliſchen zuwenden, und doch das Fleiſch peinigen, damit die irr¬ diſche Marter jede teufliſche Luſt der Untha¬ ten aufwaͤge. Doch glaube ich, und mir ſtimmen beruͤhmte Kirchenlehrer bei, daß die entſetzlichſten Qualen, die ſich der Buͤßende zufuͤgt, dem Gewicht ſeiner Suͤnden auch nicht ein Quentlein entnehmen, ſobald er darauf ſeine Zuverſicht ſtuͤzt und der Gnade

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/203
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/203>, abgerufen am 28.11.2024.