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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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Schlangen durch einander und streckten ihre
Häupter, ihre rothglühenden Zungen mir
entgegen. "Laß ab von mir! ... Deine
Schlangen stechen hinein in die wunde Brust
... sie wollen sich mästen von meinem Herz¬
blut ... aber dann sterbe ich ... dann sterbe
ich ... der entreißt mich Deiner Rache."
So schrie ich auf, da heulte die Gestalt: --
"Meine Schlangen können sich nähren von
Deinem Herzblut ... aber das fühlst Du nicht,
denn das ist nicht Deine Qual -- Deine
Qual ist in Dir, und tödtet Dich nicht, denn
Du lebst in ihr. Deine Qual ist der Ge¬
danke des Frevels und der ist ewig!" -- Der
blutende Hermogen stieg auf, aber vor ihm
floh Euphemie und er rauschte vorüber, auf
die Halswunde deutend, die die Gestalt des
Kreuzes hatte. Ich wollte beten, da begann
ein sinnverwirrendes Flüstern und Rauschen.
Menschen, die ich sonst gesehen, erschienen
zu tollen Fratzen verunstaltet. -- Köpfe kro¬
chen mit Heuschreckenbeinen, die ihnen an

Schlangen durch einander und ſtreckten ihre
Haͤupter, ihre rothgluͤhenden Zungen mir
entgegen. „Laß ab von mir! ... Deine
Schlangen ſtechen hinein in die wunde Bruſt
... ſie wollen ſich maͤſten von meinem Herz¬
blut ... aber dann ſterbe ich ... dann ſterbe
ich ... der entreißt mich Deiner Rache.“
So ſchrie ich auf, da heulte die Geſtalt: —
„Meine Schlangen koͤnnen ſich naͤhren von
Deinem Herzblut ... aber das fuͤhlſt Du nicht,
denn das iſt nicht Deine Qual — Deine
Qual iſt in Dir, und toͤdtet Dich nicht, denn
Du lebſt in ihr. Deine Qual iſt der Ge¬
danke des Frevels und der iſt ewig!“ — Der
blutende Hermogen ſtieg auf, aber vor ihm
floh Euphemie und er rauſchte voruͤber, auf
die Halswunde deutend, die die Geſtalt des
Kreuzes hatte. Ich wollte beten, da begann
ein ſinnverwirrendes Fluͤſtern und Rauſchen.
Menſchen, die ich ſonſt geſehen, erſchienen
zu tollen Fratzen verunſtaltet. — Koͤpfe kro¬
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[190/0198] Schlangen durch einander und ſtreckten ihre Haͤupter, ihre rothgluͤhenden Zungen mir entgegen. „Laß ab von mir! ... Deine Schlangen ſtechen hinein in die wunde Bruſt ... ſie wollen ſich maͤſten von meinem Herz¬ blut ... aber dann ſterbe ich ... dann ſterbe ich ... der entreißt mich Deiner Rache.“ So ſchrie ich auf, da heulte die Geſtalt: — „Meine Schlangen koͤnnen ſich naͤhren von Deinem Herzblut ... aber das fuͤhlſt Du nicht, denn das iſt nicht Deine Qual — Deine Qual iſt in Dir, und toͤdtet Dich nicht, denn Du lebſt in ihr. Deine Qual iſt der Ge¬ danke des Frevels und der iſt ewig!“ — Der blutende Hermogen ſtieg auf, aber vor ihm floh Euphemie und er rauſchte voruͤber, auf die Halswunde deutend, die die Geſtalt des Kreuzes hatte. Ich wollte beten, da begann ein ſinnverwirrendes Fluͤſtern und Rauſchen. Menſchen, die ich ſonſt geſehen, erſchienen zu tollen Fratzen verunſtaltet. — Koͤpfe kro¬ chen mit Heuſchreckenbeinen, die ihnen an

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/198>, abgerufen am 28.11.2024.