hielt Sie die Welt für einen gemeinen gle¬ bae adscriptus und der Teufel für Ihren Cousin germain." -- Schönfeld war aufge¬ standen und ging, oder hüpfte vielmehr, stark gestikulirend und tolle Gesichter schneidend, von einer Ecke des Zimmers zur andern. Er war im vollen Zuge, wie gewöhnlich, sich in der Narrheit durch die Narrheit zu entzün¬ den, ich faßte ihn daher bei beiden Händen, und sprach: "Willst Du Dich denn durchaus statt meiner hier einbürgern? Ist es Dir denn nicht möglich, nach einer Minute ver¬ ständigen Ernstes das Possenhafte zu lassen?" Er lächelte auf seltsame Weise und sagte: "Ist wirklich alles so albern, was ich spreche, wenn mir der Geist kommt?" -- Das ist ja eben das Unglück, erwiederte ich: daß Deinen Fratzen oft tiefer Sinn zum Grunde liegt, aber Du vertrödelst und verbrämst alles mit solch buntem Zeuge, daß ein guter, in ächter Farbe gehaltener Gedanke, lächerlich und un¬ scheinbar wird, wie ein, mit scheckigen Fetzen
hielt Sie die Welt fuͤr einen gemeinen gle¬ bae adscriptus und der Teufel fuͤr Ihren Cousin germain.“ — Schoͤnfeld war aufge¬ ſtanden und ging, oder huͤpfte vielmehr, ſtark geſtikulirend und tolle Geſichter ſchneidend, von einer Ecke des Zimmers zur andern. Er war im vollen Zuge, wie gewoͤhnlich, ſich in der Narrheit durch die Narrheit zu entzuͤn¬ den, ich faßte ihn daher bei beiden Haͤnden, und ſprach: „Willſt Du Dich denn durchaus ſtatt meiner hier einbuͤrgern? Iſt es Dir denn nicht moͤglich, nach einer Minute ver¬ ſtaͤndigen Ernſtes das Poſſenhafte zu laſſen?“ Er laͤchelte auf ſeltſame Weiſe und ſagte: „Iſt wirklich alles ſo albern, was ich ſpreche, wenn mir der Geiſt kommt?“ — Das iſt ja eben das Ungluͤck, erwiederte ich: daß Deinen Fratzen oft tiefer Sinn zum Grunde liegt, aber Du vertroͤdelſt und verbraͤmſt alles mit ſolch buntem Zeuge, daß ein guter, in aͤchter Farbe gehaltener Gedanke, laͤcherlich und un¬ ſcheinbar wird, wie ein, mit ſcheckigen Fetzen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0187"n="179"/>
hielt Sie die Welt fuͤr einen gemeinen <hirendition="#aq">gle¬<lb/>
bae adscriptus</hi> und der Teufel fuͤr Ihren<lb/><hirendition="#aq">Cousin germain</hi>.“— Schoͤnfeld war aufge¬<lb/>ſtanden und ging, oder huͤpfte vielmehr, ſtark<lb/>
geſtikulirend und tolle Geſichter ſchneidend,<lb/>
von einer Ecke des Zimmers zur andern. Er<lb/>
war im vollen Zuge, wie gewoͤhnlich, ſich in<lb/>
der Narrheit durch die Narrheit zu entzuͤn¬<lb/>
den, ich faßte ihn daher bei beiden Haͤnden,<lb/>
und ſprach: „Willſt Du Dich denn durchaus<lb/>ſtatt meiner hier einbuͤrgern? Iſt es Dir<lb/>
denn nicht moͤglich, nach einer Minute ver¬<lb/>ſtaͤndigen Ernſtes das Poſſenhafte zu laſſen?“<lb/>
Er laͤchelte auf ſeltſame Weiſe und ſagte:<lb/>„Iſt wirklich alles ſo albern, was ich ſpreche,<lb/>
wenn mir der Geiſt kommt?“— Das iſt ja<lb/>
eben das Ungluͤck, erwiederte ich: daß Deinen<lb/>
Fratzen oft tiefer Sinn zum Grunde liegt,<lb/>
aber Du vertroͤdelſt und verbraͤmſt alles mit<lb/>ſolch buntem Zeuge, daß ein guter, in aͤchter<lb/>
Farbe gehaltener Gedanke, laͤcherlich und un¬<lb/>ſcheinbar wird, wie ein, mit ſcheckigen Fetzen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[179/0187]
hielt Sie die Welt fuͤr einen gemeinen gle¬
bae adscriptus und der Teufel fuͤr Ihren
Cousin germain.“ — Schoͤnfeld war aufge¬
ſtanden und ging, oder huͤpfte vielmehr, ſtark
geſtikulirend und tolle Geſichter ſchneidend,
von einer Ecke des Zimmers zur andern. Er
war im vollen Zuge, wie gewoͤhnlich, ſich in
der Narrheit durch die Narrheit zu entzuͤn¬
den, ich faßte ihn daher bei beiden Haͤnden,
und ſprach: „Willſt Du Dich denn durchaus
ſtatt meiner hier einbuͤrgern? Iſt es Dir
denn nicht moͤglich, nach einer Minute ver¬
ſtaͤndigen Ernſtes das Poſſenhafte zu laſſen?“
Er laͤchelte auf ſeltſame Weiſe und ſagte:
„Iſt wirklich alles ſo albern, was ich ſpreche,
wenn mir der Geiſt kommt?“ — Das iſt ja
eben das Ungluͤck, erwiederte ich: daß Deinen
Fratzen oft tiefer Sinn zum Grunde liegt,
aber Du vertroͤdelſt und verbraͤmſt alles mit
ſolch buntem Zeuge, daß ein guter, in aͤchter
Farbe gehaltener Gedanke, laͤcherlich und un¬
ſcheinbar wird, wie ein, mit ſcheckigen Fetzen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/187>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.