ausgeliefert. Mit Deinen fünf Sinnen war es nicht sonderlich bestellt, als ich hier im Zimmer bei Dir wohnte, und Dich pflegte. Auch die Bewegung Deiner Gliedmaßen war nicht zu rühmen, Noverre und Vestris hät¬ ten Dich tief verachtet, denn Dein Kopf hing auf die Brust, und wollte man Dich ge¬ rade aufrichten, so stülptest Du um, wie ein mißrathner Kegel. Auch mit der Red¬ nergabe ging es höchst traurig, denn Du warst verdammt einsilbig, und sagtest in aufgeräumten Stunden nur "Hu hu! und Me ... me ..." woraus Dein Wollen und Denken nicht sonderlich zu vernehmen, und beinahe zu glauben, beides sey Dir untreu worden und vagabondire auf seine eigene Hand oder seinen eignen Fuß. Endlich wur¬ dest Du mit einem Mal überaus lustig, Du sprangst hoch in die lüfte, brülltest vor lau¬ ter Entzücken und rissest Dir die Kutte vom Leibe um frei zu seyn, von jeder Naturbe¬ schränkenden Fessel -- Dein Appetit ...,Hal¬
ten
ausgeliefert. Mit Deinen fuͤnf Sinnen war es nicht ſonderlich beſtellt, als ich hier im Zimmer bei Dir wohnte, und Dich pflegte. Auch die Bewegung Deiner Gliedmaßen war nicht zu ruͤhmen, Noverre und Veſtris haͤt¬ ten Dich tief verachtet, denn Dein Kopf hing auf die Bruſt, und wollte man Dich ge¬ rade aufrichten, ſo ſtuͤlpteſt Du um, wie ein mißrathner Kegel. Auch mit der Red¬ nergabe ging es hoͤchſt traurig, denn Du warſt verdammt einſilbig, und ſagteſt in aufgeraͤumten Stunden nur „Hu hu! und Me ... me ...“ woraus Dein Wollen und Denken nicht ſonderlich zu vernehmen, und beinahe zu glauben, beides ſey Dir untreu worden und vagabondire auf ſeine eigene Hand oder ſeinen eignen Fuß. Endlich wur¬ deſt Du mit einem Mal uͤberaus luſtig, Du ſprangſt hoch in die luͤfte, bruͤllteſt vor lau¬ ter Entzuͤcken und riſſeſt Dir die Kutte vom Leibe um frei zu ſeyn, von jeder Naturbe¬ ſchraͤnkenden Feſſel — Dein Appetit ...,Hal¬
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ausgeliefert. Mit Deinen fuͤnf Sinnen war
es nicht ſonderlich beſtellt, als ich hier im
Zimmer bei Dir wohnte, und Dich pflegte.
Auch die Bewegung Deiner Gliedmaßen war
nicht zu ruͤhmen, Noverre und Veſtris haͤt¬
ten Dich tief verachtet, denn Dein Kopf
hing auf die Bruſt, und wollte man Dich ge¬
rade aufrichten, ſo ſtuͤlpteſt Du um, wie
ein mißrathner Kegel. Auch mit der Red¬
nergabe ging es hoͤchſt traurig, denn Du
warſt verdammt einſilbig, und ſagteſt in
aufgeraͤumten Stunden nur „Hu hu! und
Me ... me ...“ woraus Dein Wollen und
Denken nicht ſonderlich zu vernehmen, und
beinahe zu glauben, beides ſey Dir untreu
worden und vagabondire auf ſeine eigene
Hand oder ſeinen eignen Fuß. Endlich wur¬
deſt Du mit einem Mal uͤberaus luſtig, Du
ſprangſt hoch in die luͤfte, bruͤllteſt vor lau¬
ter Entzuͤcken und riſſeſt Dir die Kutte vom
Leibe um frei zu ſeyn, von jeder Naturbe¬
ſchraͤnkenden Feſſel — Dein Appetit ...,Hal¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/184>, abgerufen am 30.11.2024.
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