Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der Heimath -- das ist das Tollhaus,
da sind wir beide richtig angelangt, mein
Brüderchen Medardus." -- Ich schauderte zu¬
sammen, ich dachte an die Gestalten, die
ich gesehen; an den springenden Mann im
erdgelben Mantel, und konnte nicht zweifeln,
daß Schönfeld in seinem Wahnsinn mir die
Wahrheit sagte. "Ja, mein Brüderchen Me¬
dardus, führ Schönfeld mit erhobener Stim¬
me und heftig gestikulirend fort: Ja, mein
liebes Brüderchen. Die Narrheit erscheint
auf Erden, wie die wahre Geisterkönigin.
Die Vernunft ist nur ein träger Statthalter,
der sich nie darum kümmert, was außer
den Gränzen des Reichs vorgeht, der nur
aus Langerweile auf dem Paradeplatz die
Soldaten exerzieren läßt, die können nachher
keinen ordentlichen Schuß thun, wenn der
Feind eindringt von Außen. Aber die Narr¬
heit, die wahre Königin des Volks zieht ein mit
Pauken und Trompeten: hussa hussa! -- hin¬
ter ihr her Jubel -- Jubel -- Die Vasal¬

nach der Heimath — das iſt das Tollhaus,
da ſind wir beide richtig angelangt, mein
Bruͤderchen Medardus.“ — Ich ſchauderte zu¬
ſammen, ich dachte an die Geſtalten, die
ich geſehen; an den ſpringenden Mann im
erdgelben Mantel, und konnte nicht zweifeln,
daß Schoͤnfeld in ſeinem Wahnſinn mir die
Wahrheit ſagte. „Ja, mein Bruͤderchen Me¬
dardus, fuͤhr Schoͤnfeld mit erhobener Stim¬
me und heftig geſtikulirend fort: Ja, mein
liebes Bruͤderchen. Die Narrheit erſcheint
auf Erden, wie die wahre Geiſterkoͤnigin.
Die Vernunft iſt nur ein traͤger Statthalter,
der ſich nie darum kuͤmmert, was außer
den Graͤnzen des Reichs vorgeht, der nur
aus Langerweile auf dem Paradeplatz die
Soldaten exerzieren laͤßt, die koͤnnen nachher
keinen ordentlichen Schuß thun, wenn der
Feind eindringt von Außen. Aber die Narr¬
heit, die wahre Koͤnigin des Volks zieht ein mit
Pauken und Trompeten: huſſa huſſa! — hin¬
ter ihr her Jubel — Jubel — Die Vaſal¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0174" n="166"/>
nach der Heimath &#x2014; das i&#x017F;t das Tollhaus,<lb/>
da &#x017F;ind wir beide richtig angelangt, mein<lb/>
Bru&#x0364;derchen Medardus.&#x201C; &#x2014; Ich &#x017F;chauderte zu¬<lb/>
&#x017F;ammen, ich dachte an die Ge&#x017F;talten, die<lb/>
ich ge&#x017F;ehen; an den &#x017F;pringenden Mann im<lb/>
erdgelben Mantel, und konnte nicht zweifeln,<lb/>
daß Scho&#x0364;nfeld in &#x017F;einem Wahn&#x017F;inn mir die<lb/>
Wahrheit &#x017F;agte. &#x201E;Ja, mein Bru&#x0364;derchen Me¬<lb/>
dardus, fu&#x0364;hr Scho&#x0364;nfeld mit erhobener Stim¬<lb/>
me und heftig ge&#x017F;tikulirend fort: Ja, mein<lb/>
liebes Bru&#x0364;derchen. Die Narrheit er&#x017F;cheint<lb/>
auf Erden, wie die wahre Gei&#x017F;terko&#x0364;nigin.<lb/>
Die Vernunft i&#x017F;t nur ein tra&#x0364;ger Statthalter,<lb/>
der &#x017F;ich nie darum ku&#x0364;mmert, was außer<lb/>
den Gra&#x0364;nzen des Reichs vorgeht, der nur<lb/>
aus Langerweile auf dem Paradeplatz die<lb/>
Soldaten exerzieren la&#x0364;ßt, die ko&#x0364;nnen nachher<lb/>
keinen ordentlichen Schuß thun, wenn der<lb/>
Feind eindringt von Außen. Aber die Narr¬<lb/>
heit, die wahre Ko&#x0364;nigin des Volks zieht ein mit<lb/>
Pauken und Trompeten: hu&#x017F;&#x017F;a hu&#x017F;&#x017F;a! &#x2014; hin¬<lb/>
ter ihr her Jubel &#x2014; Jubel &#x2014; Die Va&#x017F;al¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] nach der Heimath — das iſt das Tollhaus, da ſind wir beide richtig angelangt, mein Bruͤderchen Medardus.“ — Ich ſchauderte zu¬ ſammen, ich dachte an die Geſtalten, die ich geſehen; an den ſpringenden Mann im erdgelben Mantel, und konnte nicht zweifeln, daß Schoͤnfeld in ſeinem Wahnſinn mir die Wahrheit ſagte. „Ja, mein Bruͤderchen Me¬ dardus, fuͤhr Schoͤnfeld mit erhobener Stim¬ me und heftig geſtikulirend fort: Ja, mein liebes Bruͤderchen. Die Narrheit erſcheint auf Erden, wie die wahre Geiſterkoͤnigin. Die Vernunft iſt nur ein traͤger Statthalter, der ſich nie darum kuͤmmert, was außer den Graͤnzen des Reichs vorgeht, der nur aus Langerweile auf dem Paradeplatz die Soldaten exerzieren laͤßt, die koͤnnen nachher keinen ordentlichen Schuß thun, wenn der Feind eindringt von Außen. Aber die Narr¬ heit, die wahre Koͤnigin des Volks zieht ein mit Pauken und Trompeten: huſſa huſſa! — hin¬ ter ihr her Jubel — Jubel — Die Vaſal¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/174
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/174>, abgerufen am 04.12.2024.