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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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mochte sie wie eine mich beschirmende Heili¬
ge kaum verlassen, und mein düsteres Ge¬
heimniß wurde, indem sie nicht mehr deshalb
in mich drang, nun ein mir selbst unerforsch¬
liches, von höheren Mächten verhängtes, Er¬
eigniß. -- Der von dem Fürsten bestimmte
Tag der Vermählung war gekommen. Au¬
relie wollte in erster Frühe vor dem Altar
der heiligen Rosalia, in der nahe gelegenen
Klosterkirche, getraut seyn. Wachend, und nach
langer Zeit zum erstenmal inbrünstig betend,
brachte ich die Nacht zu. Ach! ich Verblen¬
deter fühlte nicht, daß das Gebet, womit
ich mich zur Sünde rüstete, höllischer Fre¬
vel sey! -- Als ich zu Aurelien eintrat, kam
sie mir, weißgekleidet, und mit duftenden Ro¬
sen geschmückt, in holder Engelsschönheit ent¬
gegen. Ihr Gewand, so wie ihr Haarschmuck,
hatte etwas sonderbar alterthümliches, eine
dunkle Erinnerung ging in mir auf, aber
von tiefen Schauer fühlte ich mich durchbebt,
als plötzlich lebhaft das Bild des Altars, an

II. [ 10 ]

mochte ſie wie eine mich beſchirmende Heili¬
ge kaum verlaſſen, und mein duͤſteres Ge¬
heimniß wurde, indem ſie nicht mehr deshalb
in mich drang, nun ein mir ſelbſt unerforſch¬
liches, von hoͤheren Maͤchten verhaͤngtes, Er¬
eigniß. — Der von dem Fuͤrſten beſtimmte
Tag der Vermaͤhlung war gekommen. Au¬
relie wollte in erſter Fruͤhe vor dem Altar
der heiligen Roſalia, in der nahe gelegenen
Kloſterkirche, getraut ſeyn. Wachend, und nach
langer Zeit zum erſtenmal inbruͤnſtig betend,
brachte ich die Nacht zu. Ach! ich Verblen¬
deter fuͤhlte nicht, daß das Gebet, womit
ich mich zur Suͤnde ruͤſtete, hoͤlliſcher Fre¬
vel ſey! — Als ich zu Aurelien eintrat, kam
ſie mir, weißgekleidet, und mit duftenden Ro¬
ſen geſchmuͤckt, in holder Engelsſchoͤnheit ent¬
gegen. Ihr Gewand, ſo wie ihr Haarſchmuck,
hatte etwas ſonderbar alterthuͤmliches, eine
dunkle Erinnerung ging in mir auf, aber
von tiefen Schauer fuͤhlte ich mich durchbebt,
als ploͤtzlich lebhaft das Bild des Altars, an

II. [ 10 ]
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[145/0153] mochte ſie wie eine mich beſchirmende Heili¬ ge kaum verlaſſen, und mein duͤſteres Ge¬ heimniß wurde, indem ſie nicht mehr deshalb in mich drang, nun ein mir ſelbſt unerforſch¬ liches, von hoͤheren Maͤchten verhaͤngtes, Er¬ eigniß. — Der von dem Fuͤrſten beſtimmte Tag der Vermaͤhlung war gekommen. Au¬ relie wollte in erſter Fruͤhe vor dem Altar der heiligen Roſalia, in der nahe gelegenen Kloſterkirche, getraut ſeyn. Wachend, und nach langer Zeit zum erſtenmal inbruͤnſtig betend, brachte ich die Nacht zu. Ach! ich Verblen¬ deter fuͤhlte nicht, daß das Gebet, womit ich mich zur Suͤnde ruͤſtete, hoͤlliſcher Fre¬ vel ſey! — Als ich zu Aurelien eintrat, kam ſie mir, weißgekleidet, und mit duftenden Ro¬ ſen geſchmuͤckt, in holder Engelsſchoͤnheit ent¬ gegen. Ihr Gewand, ſo wie ihr Haarſchmuck, hatte etwas ſonderbar alterthuͤmliches, eine dunkle Erinnerung ging in mir auf, aber von tiefen Schauer fuͤhlte ich mich durchbebt, als ploͤtzlich lebhaft das Bild des Altars, an II. [ 10 ]

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/153>, abgerufen am 04.12.2024.