Adern? -- Sie kam Dir so fremd vor, aber selbst das gab ihr einen unnennbaren Reiz. Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬ lose Lüsternheit, wenn Du verstohlen ihre Hand drücken konntest! -- Aurelien hatte ich nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬ sehen, heute erschien sie, der Hofsitte gemäß, in vollem Schmuck. -- Wie schön sie war! wie fühlte ich mich bei ihrem Anblick von unnennbarem Entzücken, von süßer Wollust durchschauert! -- Aber da wurde der Geist des Bösen mächtig in mir und erhob seine Stimme, der ich williges Ohr lieh. "Siehst Du es nun wohl, Medardus, so flüsterte es mir zu: siehst Du es nun wohl, wie Du dem Geschick gebietest, wie der Zufall, Dir untergeordnet, nur die Faden geschickt ver¬ schlingt, die Du selbst gesponnen?" -- Es gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die für vollendet schön geachtet werden konnten, aber vor Aureliens, das Gemüth tief ergreifen¬ dem Liebreiz verblaßte alles wie in unschein¬
Adern? — Sie kam Dir ſo fremd vor, aber ſelbſt das gab ihr einen unnennbaren Reiz. Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬ loſe Luͤſternheit, wenn Du verſtohlen ihre Hand druͤcken konnteſt! — Aurelien hatte ich nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬ ſehen, heute erſchien ſie, der Hofſitte gemaͤß, in vollem Schmuck. — Wie ſchoͤn ſie war! wie fuͤhlte ich mich bei ihrem Anblick von unnennbarem Entzuͤcken, von ſuͤßer Wolluſt durchſchauert! — Aber da wurde der Geiſt des Boͤſen maͤchtig in mir und erhob ſeine Stimme, der ich williges Ohr lieh. „Siehſt Du es nun wohl, Medardus, ſo fluͤſterte es mir zu: ſiehſt Du es nun wohl, wie Du dem Geſchick gebieteſt, wie der Zufall, Dir untergeordnet, nur die Faden geſchickt ver¬ ſchlingt, die Du ſelbſt geſponnen?“ — Es gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fuͤr vollendet ſchoͤn geachtet werden konnten, aber vor Aureliens, das Gemuͤth tief ergreifen¬ dem Liebreiz verblaßte alles wie in unſchein¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0015"n="7"/>
Adern? — Sie kam Dir ſo fremd vor, aber<lb/>ſelbſt das gab ihr einen unnennbaren Reiz.<lb/>
Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬<lb/>
loſe Luͤſternheit, wenn Du verſtohlen ihre<lb/>
Hand druͤcken konnteſt! — Aurelien hatte ich<lb/>
nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬<lb/>ſehen, heute erſchien ſie, der Hofſitte gemaͤß,<lb/>
in vollem Schmuck. — Wie ſchoͤn ſie war!<lb/>
wie fuͤhlte ich mich bei ihrem Anblick von<lb/>
unnennbarem Entzuͤcken, von ſuͤßer Wolluſt<lb/>
durchſchauert! — Aber da wurde der Geiſt<lb/>
des Boͤſen maͤchtig in mir und erhob ſeine<lb/>
Stimme, der ich williges Ohr lieh. „Siehſt<lb/>
Du es nun wohl, Medardus, ſo fluͤſterte es<lb/>
mir zu: ſiehſt Du es nun wohl, wie Du<lb/>
dem Geſchick gebieteſt, wie der Zufall, Dir<lb/>
untergeordnet, nur die Faden geſchickt ver¬<lb/>ſchlingt, die Du ſelbſt geſponnen?“— Es<lb/>
gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fuͤr<lb/>
vollendet ſchoͤn geachtet werden konnten, aber<lb/>
vor Aureliens, das Gemuͤth tief ergreifen¬<lb/>
dem Liebreiz verblaßte alles wie in unſchein¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[7/0015]
Adern? — Sie kam Dir ſo fremd vor, aber
ſelbſt das gab ihr einen unnennbaren Reiz.
Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬
loſe Luͤſternheit, wenn Du verſtohlen ihre
Hand druͤcken konnteſt! — Aurelien hatte ich
nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬
ſehen, heute erſchien ſie, der Hofſitte gemaͤß,
in vollem Schmuck. — Wie ſchoͤn ſie war!
wie fuͤhlte ich mich bei ihrem Anblick von
unnennbarem Entzuͤcken, von ſuͤßer Wolluſt
durchſchauert! — Aber da wurde der Geiſt
des Boͤſen maͤchtig in mir und erhob ſeine
Stimme, der ich williges Ohr lieh. „Siehſt
Du es nun wohl, Medardus, ſo fluͤſterte es
mir zu: ſiehſt Du es nun wohl, wie Du
dem Geſchick gebieteſt, wie der Zufall, Dir
untergeordnet, nur die Faden geſchickt ver¬
ſchlingt, die Du ſelbſt geſponnen?“ — Es
gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fuͤr
vollendet ſchoͤn geachtet werden konnten, aber
vor Aureliens, das Gemuͤth tief ergreifen¬
dem Liebreiz verblaßte alles wie in unſchein¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/15>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.