Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

einem wogenden Meer hin und her schwan¬
ken und vielleicht rettungslos untergehen.
Doch der Himmel half, wie durch ein Wun¬
der, in dem Augenblick, als ich im Begriff
stand, unnennbar elend zu werden. -- Ich
muß zurückgehen in meine frühe Kinderzeit,
um Alles, Alles zu sagen, denn schon da¬
mals wurde der Keim in mein Innres gelegt,
der so lange Zeit hindurch verderblich fort¬
wucherte. Erst drei oder vier Jahre war
ich alt, als ich einst, in der schönsten Früh¬
lingszeit, im Garten unseres Schlosses mit
Hermogen spielte. Wir pflückten allerlei
Blumen, und Hermogen, sonst eben nicht da¬
zu aufgelegt, ließ es sich gefallen, mir Krän¬
ze zu flechten, in die ich mich putzte. Nun wol¬
len wir zur Mutter gehen, sprach ich als ich
mich über und über mit Blumen behängt hat¬
te; da sprang aber Hermogen hastig auf, und
rief mit wilder Stimme: Laß uns nur hier
bleiben, klein Ding! die Mutter ist im
blauen Cabinet und spricht mit dem Teufel!

einem wogenden Meer hin und her ſchwan¬
ken und vielleicht rettungslos untergehen.
Doch der Himmel half, wie durch ein Wun¬
der, in dem Augenblick, als ich im Begriff
ſtand, unnennbar elend zu werden. — Ich
muß zuruͤckgehen in meine fruͤhe Kinderzeit,
um Alles, Alles zu ſagen, denn ſchon da¬
mals wurde der Keim in mein Innres gelegt,
der ſo lange Zeit hindurch verderblich fort¬
wucherte. Erſt drei oder vier Jahre war
ich alt, als ich einſt, in der ſchoͤnſten Fruͤh¬
lingszeit, im Garten unſeres Schloſſes mit
Hermogen ſpielte. Wir pfluͤckten allerlei
Blumen, und Hermogen, ſonſt eben nicht da¬
zu aufgelegt, ließ es ſich gefallen, mir Kraͤn¬
ze zu flechten, in die ich mich putzte. Nun wol¬
len wir zur Mutter gehen, ſprach ich als ich
mich uͤber und uͤber mit Blumen behaͤngt hat¬
te; da ſprang aber Hermogen haſtig auf, und
rief mit wilder Stimme: Laß uns nur hier
bleiben, klein Ding! die Mutter iſt im
blauen Cabinet und ſpricht mit dem Teufel!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0125" n="117"/>
einem wogenden Meer hin und her &#x017F;chwan¬<lb/>
ken und vielleicht rettungslos untergehen.<lb/>
Doch der Himmel half, wie durch ein Wun¬<lb/>
der, in dem Augenblick, als ich im Begriff<lb/>
&#x017F;tand, unnennbar elend zu werden. &#x2014; Ich<lb/>
muß zuru&#x0364;ckgehen in meine fru&#x0364;he Kinderzeit,<lb/>
um Alles, Alles zu &#x017F;agen, denn &#x017F;chon da¬<lb/>
mals wurde der Keim in mein Innres gelegt,<lb/>
der &#x017F;o lange Zeit hindurch verderblich fort¬<lb/>
wucherte. Er&#x017F;t drei oder vier Jahre war<lb/>
ich alt, als ich ein&#x017F;t, in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Fru&#x0364;<lb/>
lingszeit, im Garten un&#x017F;eres Schlo&#x017F;&#x017F;es mit<lb/>
Hermogen &#x017F;pielte. Wir pflu&#x0364;ckten allerlei<lb/>
Blumen, und Hermogen, &#x017F;on&#x017F;t eben nicht da¬<lb/>
zu aufgelegt, ließ es &#x017F;ich gefallen, mir Kra&#x0364;<lb/>
ze zu flechten, in die ich mich putzte. Nun wol¬<lb/>
len wir zur Mutter gehen, &#x017F;prach ich als ich<lb/>
mich u&#x0364;ber und u&#x0364;ber mit Blumen beha&#x0364;ngt hat¬<lb/>
te; da &#x017F;prang aber Hermogen ha&#x017F;tig auf, und<lb/>
rief mit wilder Stimme: Laß uns nur hier<lb/>
bleiben, klein Ding! die Mutter i&#x017F;t im<lb/>
blauen Cabinet und &#x017F;pricht mit dem Teufel!<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0125] einem wogenden Meer hin und her ſchwan¬ ken und vielleicht rettungslos untergehen. Doch der Himmel half, wie durch ein Wun¬ der, in dem Augenblick, als ich im Begriff ſtand, unnennbar elend zu werden. — Ich muß zuruͤckgehen in meine fruͤhe Kinderzeit, um Alles, Alles zu ſagen, denn ſchon da¬ mals wurde der Keim in mein Innres gelegt, der ſo lange Zeit hindurch verderblich fort¬ wucherte. Erſt drei oder vier Jahre war ich alt, als ich einſt, in der ſchoͤnſten Fruͤh¬ lingszeit, im Garten unſeres Schloſſes mit Hermogen ſpielte. Wir pfluͤckten allerlei Blumen, und Hermogen, ſonſt eben nicht da¬ zu aufgelegt, ließ es ſich gefallen, mir Kraͤn¬ ze zu flechten, in die ich mich putzte. Nun wol¬ len wir zur Mutter gehen, ſprach ich als ich mich uͤber und uͤber mit Blumen behaͤngt hat¬ te; da ſprang aber Hermogen haſtig auf, und rief mit wilder Stimme: Laß uns nur hier bleiben, klein Ding! die Mutter iſt im blauen Cabinet und ſpricht mit dem Teufel!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/125
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/125>, abgerufen am 04.12.2024.