Der heilige Bernardus, den Du durch Deine trügerische Rede so schnöde belei¬ digt, möge Dir nach seiner himmlischen Langmuth verzeihen, ja Dich erleuchten, daß Du den rechten Pfad, von dem Du durch den Bösen verlockt abgewichen, wieder findest, und er fürbitten könne für das Heil Deiner Seele. Gehab Dich wohl!"
Wie hundert Blitze durchfuhren mich die Worte der Aebtissin, und ich erglühte vor innerm Zorn, denn nichts war mir gewisser, als daß Leonardus, dessen mannigfache An¬ deutungen über meine Predigten eben dahin gewiesen hatten, die Andächtelei der Fürstin benutzt, und sie gegen mich und mein Red¬ ner-Talent aufgewiegelt habe. Kaum konnte ich ihn mehr anschauen, ohne vor innerlicher Wuth zu erbeben, ja es kamen mir oft Ge¬ danken, ihn zu verderben, in den Sinn, vor denen ich selbst erschrack. Um so unerträgli¬ cher waren mir die Vorwürfe der Aebtissin
Der heilige Bernardus, den Du durch Deine truͤgeriſche Rede ſo ſchnoͤde belei¬ digt, moͤge Dir nach ſeiner himmliſchen Langmuth verzeihen, ja Dich erleuchten, daß Du den rechten Pfad, von dem Du durch den Boͤſen verlockt abgewichen, wieder findeſt, und er fuͤrbitten koͤnne fuͤr das Heil Deiner Seele. Gehab Dich wohl!“
Wie hundert Blitze durchfuhren mich die Worte der Aebtiſſin, und ich ergluͤhte vor innerm Zorn, denn nichts war mir gewiſſer, als daß Leonardus, deſſen mannigfache An¬ deutungen uͤber meine Predigten eben dahin gewieſen hatten, die Andaͤchtelei der Fuͤrſtin benutzt, und ſie gegen mich und mein Red¬ ner-Talent aufgewiegelt habe. Kaum konnte ich ihn mehr anſchauen, ohne vor innerlicher Wuth zu erbeben, ja es kamen mir oft Ge¬ danken, ihn zu verderben, in den Sinn, vor denen ich ſelbſt erſchrack. Um ſo unertraͤgli¬ cher waren mir die Vorwuͤrfe der Aebtiſſin
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Der heilige Bernardus, den Du durch
Deine truͤgeriſche Rede ſo ſchnoͤde belei¬
digt, moͤge Dir nach ſeiner himmliſchen
Langmuth verzeihen, ja Dich erleuchten,
daß Du den rechten Pfad, von dem Du
durch den Boͤſen verlockt abgewichen,
wieder findeſt, und er fuͤrbitten koͤnne fuͤr
das Heil Deiner Seele. Gehab Dich
wohl!“
Wie hundert Blitze durchfuhren mich die
Worte der Aebtiſſin, und ich ergluͤhte vor
innerm Zorn, denn nichts war mir gewiſſer,
als daß Leonardus, deſſen mannigfache An¬
deutungen uͤber meine Predigten eben dahin
gewieſen hatten, die Andaͤchtelei der Fuͤrſtin
benutzt, und ſie gegen mich und mein Red¬
ner-Talent aufgewiegelt habe. Kaum konnte
ich ihn mehr anſchauen, ohne vor innerlicher
Wuth zu erbeben, ja es kamen mir oft Ge¬
danken, ihn zu verderben, in den Sinn, vor
denen ich ſelbſt erſchrack. Um ſo unertraͤgli¬
cher waren mir die Vorwuͤrfe der Aebtiſſin
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/99>, abgerufen am 22.11.2024.
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