redsamkeit, wie es sonst mir eigen. Da ich mit Leonardus allein geblieben, sah er mich lange an, als wollte er mein Innerstes durch¬ dringen; dann sprach er aber, indem ein lei¬ ses ironisches Lächeln über sein Gesicht flog: hat der Bruder Medardus vielleicht in einer Vision neue Kraft und verjüngtes Leben von oben herab erhalten? -- Ich fühlte mich vor Schaam erglühen, denn in dem Augenblick kam mir meine Exaltation, durch einen Schluck alten Weins erzeugt, nichtswürdig und arm¬ seelig vor. Mit niedergeschlagenen Augen und gesenktem Haupte, stand ich da, Leonar¬ dus überließ mich meinen Betrachtungen. Nur zu sehr hatte ich gefürchtet, daß die Spannung, in die mich der genossene Wein versetzt, nicht lange anhalten, sondern viel¬ leicht zu meinem Gram noch größere Ohn¬ macht nach sich ziehn würde; es war aber dem nicht so, vielmehr fühlte ich, wie, mit der wiedererlangten Kraft, auch jugendlicher Muth, und jenes rastlose Streben nach dem
redſamkeit, wie es ſonſt mir eigen. Da ich mit Leonardus allein geblieben, ſah er mich lange an, als wollte er mein Innerſtes durch¬ dringen; dann ſprach er aber, indem ein lei¬ ſes ironiſches Laͤcheln uͤber ſein Geſicht flog: hat der Bruder Medardus vielleicht in einer Viſion neue Kraft und verjuͤngtes Leben von oben herab erhalten? — Ich fuͤhlte mich vor Schaam ergluͤhen, denn in dem Augenblick kam mir meine Exaltation, durch einen Schluck alten Weins erzeugt, nichtswuͤrdig und arm¬ ſeelig vor. Mit niedergeſchlagenen Augen und geſenktem Haupte, ſtand ich da, Leonar¬ dus uͤberließ mich meinen Betrachtungen. Nur zu ſehr hatte ich gefuͤrchtet, daß die Spannung, in die mich der genoſſene Wein verſetzt, nicht lange anhalten, ſondern viel¬ leicht zu meinem Gram noch groͤßere Ohn¬ macht nach ſich ziehn wuͤrde; es war aber dem nicht ſo, vielmehr fuͤhlte ich, wie, mit der wiedererlangten Kraft, auch jugendlicher Muth, und jenes raſtloſe Streben nach dem
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mit Leonardus allein geblieben, ſah er mich
lange an, als wollte er mein Innerſtes durch¬
dringen; dann ſprach er aber, indem ein lei¬
ſes ironiſches Laͤcheln uͤber ſein Geſicht flog:
hat der Bruder Medardus vielleicht in einer
Viſion neue Kraft und verjuͤngtes Leben von
oben herab erhalten? — Ich fuͤhlte mich vor
Schaam ergluͤhen, denn in dem Augenblick
kam mir meine Exaltation, durch einen Schluck
alten Weins erzeugt, nichtswuͤrdig und arm¬
ſeelig vor. Mit niedergeſchlagenen Augen
und geſenktem Haupte, ſtand ich da, Leonar¬
dus uͤberließ mich meinen Betrachtungen.
Nur zu ſehr hatte ich gefuͤrchtet, daß die
Spannung, in die mich der genoſſene Wein
verſetzt, nicht lange anhalten, ſondern viel¬
leicht zu meinem Gram noch groͤßere Ohn¬
macht nach ſich ziehn wuͤrde; es war aber
dem nicht ſo, vielmehr fuͤhlte ich, wie, mit
der wiedererlangten Kraft, auch jugendlicher
Muth, und jenes raſtloſe Streben nach dem
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/93>, abgerufen am 25.11.2024.
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