gar erfüllte, daß alles Uebrige in ihm unter¬ ging. -- Wie, dachte ich, wenn das wunder¬ bare Getränk mit geistiger Kraft dein Inne¬ res stärkte, ja die erloschene Flamme entzün¬ den könnte, daß sie in neuem Leben empor¬ strahlte? -- Wenn schon dadurch eine geheim¬ nißvolle Verwandschaft deines Geistes mit den in jenem Wein verschlossenen Natur¬ kräften sich offenbaret hätte, daß derselbe Duft, der den schwächlichen Cyrillus betäub¬ te, auf dich nur wohlthätig wirkte? -- Aber, war ich auch schon entschlossen, dem Rathe der Fremden zu folgen, wollte ich schon zur That schreiten, so hielt mich immer wieder ein inneres, mir selbst unerklärliches Wider¬ streben davon zurück. Ja, im Begriff, den Schrank aufzuschließen, schien es mir, als erblicke ich in dem Schnitzwerk das ensetz¬ liche Gesicht des Malers, mit den mich durch¬ bohrenden lebendigtodtstarren Augen, und von gespenstischem Grauen gewaltsam er¬ griffen, floh ich aus der Reliquienkammer,
gar erfuͤllte, daß alles Uebrige in ihm unter¬ ging. — Wie, dachte ich, wenn das wunder¬ bare Getraͤnk mit geiſtiger Kraft dein Inne¬ res ſtaͤrkte, ja die erloſchene Flamme entzuͤn¬ den koͤnnte, daß ſie in neuem Leben empor¬ ſtrahlte? — Wenn ſchon dadurch eine geheim¬ nißvolle Verwandſchaft deines Geiſtes mit den in jenem Wein verſchloſſenen Natur¬ kraͤften ſich offenbaret haͤtte, daß derſelbe Duft, der den ſchwaͤchlichen Cyrillus betaͤub¬ te, auf dich nur wohlthaͤtig wirkte? — Aber, war ich auch ſchon entſchloſſen, dem Rathe der Fremden zu folgen, wollte ich ſchon zur That ſchreiten, ſo hielt mich immer wieder ein inneres, mir ſelbſt unerklaͤrliches Wider¬ ſtreben davon zuruͤck. Ja, im Begriff, den Schrank aufzuſchließen, ſchien es mir, als erblicke ich in dem Schnitzwerk das enſetz¬ liche Geſicht des Malers, mit den mich durch¬ bohrenden lebendigtodtſtarren Augen, und von geſpenſtiſchem Grauen gewaltſam er¬ griffen, floh ich aus der Reliquienkammer,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0089"n="73"/>
gar erfuͤllte, daß alles Uebrige in ihm unter¬<lb/>
ging. — Wie, dachte ich, wenn das wunder¬<lb/>
bare Getraͤnk mit geiſtiger Kraft dein Inne¬<lb/>
res ſtaͤrkte, ja die erloſchene Flamme entzuͤn¬<lb/>
den koͤnnte, daß ſie in neuem Leben empor¬<lb/>ſtrahlte? — Wenn ſchon dadurch eine geheim¬<lb/>
nißvolle Verwandſchaft deines Geiſtes mit<lb/>
den in jenem Wein verſchloſſenen Natur¬<lb/>
kraͤften ſich offenbaret haͤtte, daß derſelbe<lb/>
Duft, der den ſchwaͤchlichen Cyrillus betaͤub¬<lb/>
te, auf dich nur wohlthaͤtig wirkte? — Aber,<lb/>
war ich auch ſchon entſchloſſen, dem Rathe<lb/>
der Fremden zu folgen, wollte ich ſchon zur<lb/>
That ſchreiten, ſo hielt mich immer wieder<lb/>
ein inneres, mir ſelbſt unerklaͤrliches Wider¬<lb/>ſtreben davon zuruͤck. Ja, im Begriff, den<lb/>
Schrank aufzuſchließen, ſchien es mir, als<lb/>
erblicke ich in dem Schnitzwerk das enſetz¬<lb/>
liche Geſicht des Malers, mit den mich durch¬<lb/>
bohrenden lebendigtodtſtarren Augen, und<lb/>
von geſpenſtiſchem Grauen gewaltſam er¬<lb/>
griffen, floh ich aus der Reliquienkammer,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[73/0089]
gar erfuͤllte, daß alles Uebrige in ihm unter¬
ging. — Wie, dachte ich, wenn das wunder¬
bare Getraͤnk mit geiſtiger Kraft dein Inne¬
res ſtaͤrkte, ja die erloſchene Flamme entzuͤn¬
den koͤnnte, daß ſie in neuem Leben empor¬
ſtrahlte? — Wenn ſchon dadurch eine geheim¬
nißvolle Verwandſchaft deines Geiſtes mit
den in jenem Wein verſchloſſenen Natur¬
kraͤften ſich offenbaret haͤtte, daß derſelbe
Duft, der den ſchwaͤchlichen Cyrillus betaͤub¬
te, auf dich nur wohlthaͤtig wirkte? — Aber,
war ich auch ſchon entſchloſſen, dem Rathe
der Fremden zu folgen, wollte ich ſchon zur
That ſchreiten, ſo hielt mich immer wieder
ein inneres, mir ſelbſt unerklaͤrliches Wider¬
ſtreben davon zuruͤck. Ja, im Begriff, den
Schrank aufzuſchließen, ſchien es mir, als
erblicke ich in dem Schnitzwerk das enſetz¬
liche Geſicht des Malers, mit den mich durch¬
bohrenden lebendigtodtſtarren Augen, und
von geſpenſtiſchem Grauen gewaltſam er¬
griffen, floh ich aus der Reliquienkammer,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/89>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.