licher schien, als zugleich eine unbekannte wundervolle Sehnsucht, und mit ihr eine Lüsternheit sich regte, die wohl sündlich seyn mochte. Ein Abend sollte diesen zweifelhaf¬ ten Zustand entscheiden. Der Conzertmeister hatte mich, wie er manchmal zu thun pfleg¬ te, zu einer musikalischen Unterhaltung, die er mit einigen Freunden veranstaltet, einge¬ laden. Außer seiner Schwester, waren noch mehrere Frauenzimmer zugegen, und dieses steigerte die Befangenheit, die mir schon bei der Schwester allein den Athem versetzte. Sie war sehr reizend gekleidet, sie kam mir schöner als je vor, es war, als zöge mich eine unsichtbare unwiderstehliche Gewalt zu ihr hin, und so kam es denn, daß ich, ohne selbst zu wissen wie, mich immer ihr nahe befand, jeden ihrer Blicke, jedes ihrer Wor¬ te begierig aufhaschte, ja mich so an sie drängte, daß wenigstens ihr Kleid im Vor¬ beistreifen mich berühren mußte, welches mich mit innerer, nie gefühlter Lust erfüllte. Sie
licher ſchien, als zugleich eine unbekannte wundervolle Sehnſucht, und mit ihr eine Luͤſternheit ſich regte, die wohl ſuͤndlich ſeyn mochte. Ein Abend ſollte dieſen zweifelhaf¬ ten Zuſtand entſcheiden. Der Conzertmeiſter hatte mich, wie er manchmal zu thun pfleg¬ te, zu einer muſikaliſchen Unterhaltung, die er mit einigen Freunden veranſtaltet, einge¬ laden. Außer ſeiner Schweſter, waren noch mehrere Frauenzimmer zugegen, und dieſes ſteigerte die Befangenheit, die mir ſchon bei der Schweſter allein den Athem verſetzte. Sie war ſehr reizend gekleidet, ſie kam mir ſchoͤner als je vor, es war, als zoͤge mich eine unſichtbare unwiderſtehliche Gewalt zu ihr hin, und ſo kam es denn, daß ich, ohne ſelbſt zu wiſſen wie, mich immer ihr nahe befand, jeden ihrer Blicke, jedes ihrer Wor¬ te begierig aufhaſchte, ja mich ſo an ſie draͤngte, daß wenigſtens ihr Kleid im Vor¬ beiſtreifen mich beruͤhren mußte, welches mich mit innerer, nie gefuͤhlter Luſt erfuͤllte. Sie
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licher ſchien, als zugleich eine unbekannte
wundervolle Sehnſucht, und mit ihr eine
Luͤſternheit ſich regte, die wohl ſuͤndlich ſeyn
mochte. Ein Abend ſollte dieſen zweifelhaf¬
ten Zuſtand entſcheiden. Der Conzertmeiſter
hatte mich, wie er manchmal zu thun pfleg¬
te, zu einer muſikaliſchen Unterhaltung, die
er mit einigen Freunden veranſtaltet, einge¬
laden. Außer ſeiner Schweſter, waren noch
mehrere Frauenzimmer zugegen, und dieſes
ſteigerte die Befangenheit, die mir ſchon bei
der Schweſter allein den Athem verſetzte.
Sie war ſehr reizend gekleidet, ſie kam mir
ſchoͤner als je vor, es war, als zoͤge mich
eine unſichtbare unwiderſtehliche Gewalt zu
ihr hin, und ſo kam es denn, daß ich, ohne
ſelbſt zu wiſſen wie, mich immer ihr nahe
befand, jeden ihrer Blicke, jedes ihrer Wor¬
te begierig aufhaſchte, ja mich ſo an ſie
draͤngte, daß wenigſtens ihr Kleid im Vor¬
beiſtreifen mich beruͤhren mußte, welches mich
mit innerer, nie gefuͤhlter Luſt erfuͤllte. Sie
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/52>, abgerufen am 24.11.2024.
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