Der Conzertmeister hatte eine Schwester, welche gerade nicht schön genannt zu wer¬ den verdiente, aber doch in der höchsten Blüthe stehend, ein überaus reizendes Mäd¬ chen war. Vorzüglich zeichnete sie ein im reinsten Ebenmaaß geformter Wuchs aus; sie hatte die schönsten Arme, den schönsten Bu¬ sen in Form und Colorit, den man nur se¬ hen kann. -- Eines Morgens als ich zum Conzertmeister gehen wollte, meines Unter¬ richts halber, überraschte ich die Schwester im leichten Morgenanzuge, mit beinahe ganz entblößter Brust; schnell warf sie zwar das Tuch über, aber doch schon zu viel hatten meine gierigen Blicke erhascht, ich konnte kein Wort sprechen, nie gekannte Gefühle regten sich stürmisch in mir, und trieben das glü¬ hende Blut durch die Adern, daß hörbar meine Pulse schlugen. Meine Brust war krampfhaft zusammengepreßt, und wollte zer¬ springen, ein leiser Seufzer machte mir endlich Luft. Dadurch, daß das Mädchen,
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Der Conzertmeiſter hatte eine Schweſter, welche gerade nicht ſchoͤn genannt zu wer¬ den verdiente, aber doch in der hoͤchſten Bluͤthe ſtehend, ein uͤberaus reizendes Maͤd¬ chen war. Vorzuͤglich zeichnete ſie ein im reinſten Ebenmaaß geformter Wuchs aus; ſie hatte die ſchoͤnſten Arme, den ſchoͤnſten Bu¬ ſen in Form und Colorit, den man nur ſe¬ hen kann. — Eines Morgens als ich zum Conzertmeiſter gehen wollte, meines Unter¬ richts halber, uͤberraſchte ich die Schweſter im leichten Morgenanzuge, mit beinahe ganz entbloͤßter Bruſt; ſchnell warf ſie zwar das Tuch uͤber, aber doch ſchon zu viel hatten meine gierigen Blicke erhaſcht, ich konnte kein Wort ſprechen, nie gekannte Gefuͤhle regten ſich ſtuͤrmiſch in mir, und trieben das gluͤ¬ hende Blut durch die Adern, daß hoͤrbar meine Pulſe ſchlugen. Meine Bruſt war krampfhaft zuſammengepreßt, und wollte zer¬ ſpringen, ein leiſer Seufzer machte mir endlich Luft. Dadurch, daß das Maͤdchen,
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Der Conzertmeiſter hatte eine Schweſter,
welche gerade nicht ſchoͤn genannt zu wer¬
den verdiente, aber doch in der hoͤchſten
Bluͤthe ſtehend, ein uͤberaus reizendes Maͤd¬
chen war. Vorzuͤglich zeichnete ſie ein im
reinſten Ebenmaaß geformter Wuchs aus; ſie
hatte die ſchoͤnſten Arme, den ſchoͤnſten Bu¬
ſen in Form und Colorit, den man nur ſe¬
hen kann. — Eines Morgens als ich zum
Conzertmeiſter gehen wollte, meines Unter¬
richts halber, uͤberraſchte ich die Schweſter
im leichten Morgenanzuge, mit beinahe ganz
entbloͤßter Bruſt; ſchnell warf ſie zwar das
Tuch uͤber, aber doch ſchon zu viel hatten
meine gierigen Blicke erhaſcht, ich konnte kein
Wort ſprechen, nie gekannte Gefuͤhle regten
ſich ſtuͤrmiſch in mir, und trieben das gluͤ¬
hende Blut durch die Adern, daß hoͤrbar
meine Pulſe ſchlugen. Meine Bruſt war
krampfhaft zuſammengepreßt, und wollte zer¬
ſpringen, ein leiſer Seufzer machte mir
endlich Luft. Dadurch, daß das Maͤdchen,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/49>, abgerufen am 23.11.2024.
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