Außerdem, daß er allgemein für einen wa¬ ckern Gelehrten in der Theologie galt, so, daß er mit Leichtigkeit und Tiefe die schwie¬ rigsten Materien abzuhandeln wußte, und sich die Professoren des Seminars oft bei ihm Rath und Belehrung holten, war er auch mehr, als man es wohl einem Klostergeistli¬ chen zutrauen kann, für die Welt ausgebil¬ det. Er sprach mit Fertigkeit und Eleganz das Italiänische und Französische, und sei¬ ner besonderen Gewandheit wegen, hatte man ihn in früherer Zeit zu wichtigen Mis¬ sionen gebraucht. Schon damals, als ich ihn kennen lernte, war er hochbejahrt, aber indem sein weißes Haar von seinem Alter zeugte, blitzte aus den Augen noch jugendli¬ ches Feuer, und das anmuthige Lächeln, welches um seine Lippen schwebte, erhöhte den Ausdruck der innern Behaglichkeit und Gemüthsruhe. Dieselbe Grazie, welche sei¬ neRede schmückte, herrschte in seinen Bewe¬ gungen, und selbst die unbehülfliche Or¬
Außerdem, daß er allgemein fuͤr einen wa¬ ckern Gelehrten in der Theologie galt, ſo, daß er mit Leichtigkeit und Tiefe die ſchwie¬ rigſten Materien abzuhandeln wußte, und ſich die Profeſſoren des Seminars oft bei ihm Rath und Belehrung holten, war er auch mehr, als man es wohl einem Kloſtergeiſtli¬ chen zutrauen kann, fuͤr die Welt ausgebil¬ det. Er ſprach mit Fertigkeit und Eleganz das Italiaͤniſche und Franzoͤſiſche, und ſei¬ ner beſonderen Gewandheit wegen, hatte man ihn in fruͤherer Zeit zu wichtigen Miſ¬ ſionen gebraucht. Schon damals, als ich ihn kennen lernte, war er hochbejahrt, aber indem ſein weißes Haar von ſeinem Alter zeugte, blitzte aus den Augen noch jugendli¬ ches Feuer, und das anmuthige Laͤcheln, welches um ſeine Lippen ſchwebte, erhoͤhte den Ausdruck der innern Behaglichkeit und Gemuͤthsruhe. Dieſelbe Grazie, welche ſei¬ neRede ſchmuͤckte, herrſchte in ſeinen Bewe¬ gungen, und ſelbſt die unbehuͤlfliche Or¬
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Außerdem, daß er allgemein fuͤr einen wa¬
ckern Gelehrten in der Theologie galt, ſo,
daß er mit Leichtigkeit und Tiefe die ſchwie¬
rigſten Materien abzuhandeln wußte, und
ſich die Profeſſoren des Seminars oft bei ihm
Rath und Belehrung holten, war er auch
mehr, als man es wohl einem Kloſtergeiſtli¬
chen zutrauen kann, fuͤr die Welt ausgebil¬
det. Er ſprach mit Fertigkeit und Eleganz
das Italiaͤniſche und Franzoͤſiſche, und ſei¬
ner beſonderen Gewandheit wegen, hatte
man ihn in fruͤherer Zeit zu wichtigen Miſ¬
ſionen gebraucht. Schon damals, als ich
ihn kennen lernte, war er hochbejahrt, aber
indem ſein weißes Haar von ſeinem Alter
zeugte, blitzte aus den Augen noch jugendli¬
ches Feuer, und das anmuthige Laͤcheln,
welches um ſeine Lippen ſchwebte, erhoͤhte
den Ausdruck der innern Behaglichkeit und
Gemuͤthsruhe. Dieſelbe Grazie, welche ſei¬
neRede ſchmuͤckte, herrſchte in ſeinen Bewe¬
gungen, und ſelbſt die unbehuͤlfliche Or¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/45>, abgerufen am 27.11.2024.
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